Zweiter Abschnitt
Die größe (Quantität)



Der Unterschied der Quantität von der Qualität ist angegeben worden.

Die Qualität ist die erste, unmittelbare Bestimmtheit,
die Quantität die Bestimmtheit, die dem Sein gleichgültig geworden,
eine Grenze, die ebensosehr keine ist;
das Fürsichsein, das schlechthin identisch mit dem Sein-für-Anderes,
- die Repulsion der vielen Eins,
die unmittelbar Nicht-Repulsion, Kontinuität derselben ist.

Weil das Fürsichseiende nun so gesetzt ist,
    sein Anderes nicht auszuschließen,
    sondern sich in dasselbe vielmehr affirmativ fortzusetzen,
so ist [es] das Anderssein,
    insofern das Dasein an dieser Kontinuität wieder hervortritt,
und die Bestimmtheit desselben [ist] zugleich
nicht mehr als in einfacher Beziehung auf sich,
    nicht mehr unmittelbare Bestimmtheit des daseienden Etwas,
sondern ist gesetzt, sich als repellierend von sich,
    die Beziehung auf sich als Bestimmtheit
    vielmehr in einem anderen Dasein (einem fürsichseienden)
zu haben;
und indem sie [?] zugleich
als gleichgültige, in sich reflektierte,
beziehungslose Grenzen sind,
so ist die Bestimmtheit überhaupt außer sich,
ein sich schlechthin Äußerliches
und [ein] Etwas [als] ebenso Äußerliches;
solche Grenze, die Gleichgültigkeit derselben an ihr selbst
und des Etwas gegen sie,
macht die quantitative Bestimmtheit desselben aus.


Zunächst ist die reine Quantität von ihr
als bestimmter Quantität, vom Quantum zu unterscheiden.

Als jene ist sie erstens das in sich zurückgekehrte, reale Fürsichsein,
das noch keine Bestimmtheit an ihm hat,
- als gediegene sich in sich kontinuierende unendliche Einheit.


Diese geht zweitens zu der Bestimmtheit fort, die an ihr gesetzt wird,
als solche, die zugleich keine, nur äußerliche ist. ((S209))

Sie wird Quantum.

Das Quantum ist die gleichgültige Bestimmtheit,
d. h. die über sich hinausgehende, sich selbst negierende;
es verfällt als dies Anderssein des Andersseins in den unendlichen Progreß.

Das unendliche Quantum aber ist die aufgehobene gleichgültige Bestimmtheit,
es ist die Wiederherstellung der Qualität.


Drittens : das Quantum in qualitativer Form ist das quantitative Verhältnis.

Das Quantum geht nur überhaupt über sich hinaus;
im Verhältnisse aber geht es so über sich in sein Anderssein hinaus,
daß dieses, in welchem es seine Bestimmung hat, zugleich gesetzt,
ein anderes Quantum ist,
- somit sein In-sich-Zurückgekehrtsein
und die Beziehung auf sich als in seinem Anderssein vorhanden ist.


Diesem Verhältnisse liegt noch die Äußerlichkeit des Quantums zugrunde,
es sind gleichgültige Quanta, die sich zueinander verhalten,
d. i. ihre Beziehung auf sich selbst in solchem Außersichsein haben;
- das Verhältnis ist damit nur formelle Einheit der Qualität und Quantität.

Die Dialektik desselben ist sein Übergang in ihre absolute Einheit,
in das Maß. [((S210))]


Anmerkung:



Am Etwas ist seine Grenze als Qualität wesentlich seine Bestimmtheit.

Wenn wir aber unter Grenze die quantitative Grenze verstehen
und z. B. ein Acker diese seine Grenze verändert,
so bleibt er Acker vor wie nach.

Wenn hingegen seine qualitative Grenze verändert wird,
so ist dies seine Bestimmtheit, wodurch er Acker ist,
und er wird Wiese, Wald usf.

- Ein Rot, das intensiver oder schwächer ist, ist immer Rot;
wenn es aber seine Qualität änderte, so hörte es auf, Rot zu sein,
es würde Blau usf.

- Die Bestimmung der größe als Quantum, wie sie sich oben ergeben hat,
    daß ein Sein als Bleibendes zugrunde liegt,
    das gegen die Bestimmtheit, die es hat, gleichgültig ist,
ergibt sich an jedem anderen Beispiel.


Unter dem Ausdruck größe
wird das Quantum, wie an den ((S210)) gegebenen Beispielen,
verstanden, nicht die Quantität
weswegen wesentlich dieser Name aus der fremden Sprache
gebraucht werden muss.


Die Definition, welche in der Mathematik von der größe gegeben wird,
betrifft gleichfalls das Quantum.

Gewöhnlich wird eine größe definiert als
etwas, das sich vermehren oder vermindern läßt.

Vermehren aber heißt, etwas mehr groß, vermindern weniger groß machen.

Es liegt darin ein Unterschied der größe überhaupt von ihr selbst,
und die größe wäre also das, dessen größe sich verändern läßt.

Die Definition zeigt sich insofern als ungeschickt,
als in ihr diejenige Bestimmung selbst gebraucht wird,
welche definiert werden sollte.

Insofern in ihr nicht dieselbe Bestimmung zu gebrauchen ist,
ist das Mehr und Weniger
in einen Zusatz als Affirmation [? Anreicherung],
    und zwar nach der Natur des Quantums als eine gleichfalls äußerliche,
und in ein Wegnehmen, als eine ebenso äußerliche Negation,
aufzulösen.

Zu dieser äußerlichen Weise sowohl der Realität als der Negation
bestimmt sich überhaupt die Natur der Veränderung am Quantum.

Daher ist in jenem unvollkommenen Ausdruck
das Hauptmoment nicht zu verkennen, worauf es ankommt;
nämlich die Gleichgültigkeit der Veränderung,
so daß in ihrem Begriff selbst ihr eigenes Mehr [oder] Minder liegt,
ihre Gleichgültigkeit gegen sich selbst.




Erstes Kapitel
Die Quantität
A. DIE REINE QUANTITÄT



Die Quantität ist das aufgehobene Fürsichsein;
das repellierende Eins,
das sich gegen das ausgeschlossene Eins nur negativ verhielt,
in die Beziehung mit demselben übergegangen,
verhält sich identisch zu dem Anderen
und hat damit seine Bestimmung verloren;
das Fürsichsein ist in Attraktion ((S211)) übergegangen.

Die absolute Sprödigkeit des repellierenden Eins
ist in diese Einheit zerflossen, welche aber, als dies Eins enthaltend,
durch die inwohnende Repulsion zugleich bestimmt,
als Einheit des Außersichseins Einheit mit sich selbst ist.

Die Attraktion ist auf diese Weise
als das Moment der Kontinuität in der Quantität.


Die Kontinuität ist also einfache, sich selbst gleiche Beziehung auf sich,
die durch keine Grenze und Ausschließung unterbrochen ist,
aber nicht unmittelbare Einheit,
sondern Einheit der fürsichseienden Eins.

Es ist darin das Außereinander der Vielheit noch enthalten,
aber zugleich als ein nicht Unterschiedenes, Ununterbrochenes.

Die Vielheit ist in der Kontinuität so gesetzt, wie sie an sich ist;
die Vielen sind eins was andere, jedes dem anderen gleich,
und die Vielheit daher einfache, unterschiedslose Gleichheit.

Die Kontinuität ist dieses Moment der Sichselbstgleichheit des Außereinanderseins,
das Sichfortsetzen der unterschiedenen Eins in ihre von ihnen Unterschiedenen.


Unmittelbar hat daher die größe in der Kontinuität das Moment der Diskretion,
- die Repulsion, wie sie nun Moment in der Quantität ist.

- Die Stetigkeit ist Sichselbstgleichheit,
aber des Vielen, das jedoch nicht zum Ausschließenden wird;
die Repulsion dehnt erst die Sichselbstgleichheit zur Kontinuität aus.

Die Diskretion ist daher ihrerseits zusammenfließende Diskretion,
deren Eins nicht das Leere, das Negative, zu ihrer Beziehung haben,
sondern ihre eigene Stetigkeit,
und diese Gleichheit mit sich selbst im Vielen nicht unterbrechen.


Die Quantität ist die Einheit dieser Momente, der Kontinuität und Diskretion,
aber sie ist dies zunächst in der Form des einen derselben, der Kontinuität,
als Resultat der Dialektik des Fürsichseins,
das in die Form sichselbstgleicher Unmittelbarkeit zusammengefallen ist.

Die Quantität ist als solche dies einfache Resultat,
insofern es seine Momente ((S212)) noch nicht entwickelt
und an ihm gesetzt hat.

- Sie enthält sie zunächst, als das Fürsichsein gesetzt,
wie es in Wahrheit ist.

Es war seiner Bestimmung nach das sich aufhebende Beziehen auf sich selbst,
perennierendes Außersichkommen.

Aber das Abgestoßene ist es selbst;
die Repulsion ist daher das erzeugende Fortfließen seiner selbst.

Um der Dieselbigkeit willen des Abgestoßenen
ist dies Diszernieren ununterbrochene Kontinuität;
und um des Außersichkommens willen ist diese Kontinuität,
ohne unterbrochen zu sein,
zugleich Vielheit,
die ebenso unmittelbar in ihrer Gleichheit mit sich selbst bleibt.



Anmerkung 1:
Vorstellung der reinen Quantität



Die reine Quantität hat noch keine Grenze oder ist noch nicht Quantum;
auch insofern sie Quantum wird, wird sie durch die Grenze nicht beschränkt;
sie besteht vielmehr eben darin,
durch die Grenze nicht beschränkt zu sein,
das Fürsichsein [?] als ein Aufgehobenes in sich zu haben.

Daß die Diskretion Moment in ihr ist, kann so ausgedrückt werden,
daß die Quantität schlechthin in ihr
allenthalben die reale Möglichkeit des Eins ist,
aber umgekehrt, daß das Eins ebenso schlechthin als Kontinuierliches ist.


Der begrifflosen Vorstellung wird die Kontinuität leicht zur Zusammensetzung,
nämlich einer äußerlichen Beziehung der Eins aufeinander,
worin das Eins in seiner absoluten Sprödigkeit und Ausschließung
erhalten bleibt.

Es hat sich aber am Eins gezeigt, daß es an und für sich selbst
in die Attraktion, in seine Idealität übergeht
und daß daher die Kontinuität ihm nicht äußerlich ist,
sondern ihm selbst angehört und in seinem Wesen gegründet ist.

Diese Äußerlichkeit der Kontinuität für die Eins ist es überhaupt,
an der die Atomistik hängenbleibt
und die zu verlassen die Schwierigkeit für das Vorstellen macht.

- Die Mathematik dagegen verwirft eine Metaphysik,
welche die Zeit aus Zeitpunkten,
den Raum überhaupt oder zunächst die Linie aus Raumpunkten,
die Fläche aus Linien, den ganzen Raum aus Flächen ((S213))
bestehen lassen wollte;
sie läßt solche unkontinuierliche Eins nicht gelten.

Wenn sie auch z. B. die größe einer Fläche so bestimmt,
daß sie als die Summe von unendlich vielen Linien vorgestellt wird,
gilt diese Diskretion nur als momentane Vorstellung,
und in der unendlichen Vielheit der Linien,
da der Raum, den sie ausmachen sollen, doch ein beschränkter ist,
liegt schon das Aufgehobensein ihrer Diskretion.

Den Begriff der reinen Quantität gegen die bloße Vorstellung
hat Spinoza, dem es vorzüglich auf denselben ankam, im Sinne,
indem er (Ethik 1, Prop. XV, Schol.) auf folgende Weise
von der Quantität spricht:

° Fuß
»Die größe wird von uns auf zweierlei Weise begriffen,
nämlich einerseits abstrakt und oberflächlich, wenn wir sie vorstellen,
andererseits als Substanz, was allein durch den Verstand geschieht.

Wenn wir daher die größe ins Auge fassen,
wie sie im Vorstellungsvermögen ist,
    was häufig geschieht und uns leichter fällt,
so wird sie als endlich, teilbar und aus Teilen zusammengesetzt erscheinen;
fassen wir sie aber ins Auge, wie sie im Verstande ist,
und begreifen wir sie, sofern sie Substanz ist, was sehr schwierig ist,
dann erscheint sie . . . als unendlich, einzig und unteilbar.

Das wird für jeden, der gelernt hat,
zwischen Vorstellungsvermögen und Verstand zu unterscheiden,
am Tage liegen.« (Übers. Carl Gebhardt).


Bestimmtere Beispiele der reinen Quantität, wenn man deren verlangt,
hat man an Raum und Zeit,
auch der Materie überhaupt, Licht usf., selbst Ich;
nur ist unter Quantität, wie schon bemerkt, nicht das Quantum zu verstehen.

Raum, Zeit usf. sind Ausdehnungen, Vielheiten,
die ein Außersichgehen ((S214)) , ein Strömen sind,
das aber nicht ins Entgegengesetzte, in die Qualität oder das Eins übergeht,
sondern als Außersichkommen
ein perennierendes Selbstproduzieren ihrer Einheit sind.

Der Raum ist dies absolute Außersichsein,
das ebensosehr schlechthin ununterbrochen,
ein Anders- und Wieder-Anderssein, das identisch mit sich ist,
- die Zeit ein absolutes Außersichkommen,
ein Erzeugen des Eins, Zeitpunktes, des Jetzt,
das unmittelbar das Zunichtewerden desselben
und stetig wieder das Zunichtewerden dieses Vergehens ist;
so daß dies Sicherzeugen des Nichtseins
ebensosehr einfache Gleichheit und Identität mit sich ist.

Was die Materie als Quantität betrifft,
so befindet sich unter den sieben Propositionen,
die von der ersten Dissertation Leibnizens aufbewahrt sind
(letzte Seite des 1. Teils seiner Werke),
eine hierüber, die zweite, die so lautet:

>>Es ist gar nicht unwahrscheinlich,
daß Materie und Quantität in Wirklichkeit dasselbe sind.<<

- In der Tat sind diese Begriffe auch nicht weiter verschieden als darin,
daß die Quantität die reine Denkbestimmung,
die Materie aber dieselbe in äußerlicher Existenz ist.

- Auch dem Ich kommt die Bestimmung der reinen Quantität zu,
als es ein absolutes Anderswerden, eine unendliche Entfernung
oder allseitige Repulsion zur negativen Freiheit des Fürsichseins ist,
aber welche schlechthin einfache Kontinuität bleibt,
- die Kontinuität der Allgemeinheit oder des Beisichseins,
die durch die unendlich mannigfaltigen Grenzen,
den Inhalt der Empfindungen, Anschauungen usf. nicht unterbrochen wird.

- Welche sich dagegen sträuben, die Vielheit als einfache Einheit zu fassen,
und außer dem Begriffe, daß von den Vielen jedes dasselbe ist, was das andere,
nämlich eins der Vielen
- indem nämlich hier nicht von weiter bestimmtem Vielem,
von Grünem, Rotem usf., ((S215))
sondern von dem Vielen an und für sich betrachtet die Rede ist -,
auch eine Vorstellung von dieser Einheit verlangen,
die finden dergleichen hinlänglich an jenen Stetigkeiten,
die den deduzierten Begriff der Quantität
in einfacher Anschauung als vorhanden geben.


Anmerkung 2:
Kantische Antinomien
der Unteilbarkeit und der unendlichen Teilbarkeit
der Zeit, des Raumes, der Materie



In die Natur der Quantität,
diese einfache Einheit der Diskretion und der Kontinuität zu sein,
fällt der Streit oder die Antinomie
der unendlichen Teilbarkeit des Raumes, der Zeit, der Materie usf.


Diese Antinomie besteht allein darin,
daß die Diskretion ebensosehr als die Kontinuität behauptet werden muss.

Die einseitige Behauptung der Diskretion
gibt das unendliche oder absolute Geteiltsein,
somit ein Unteilbares zum Prinzip;
die einseitige Behauptung der Kontinuität dagegen die unendliche Teilbarkeit.


Die Kantische Kritik der reinen Vernunft
stellt bekanntlich vier (kosmologische) Antinomien auf,
worunter die zweite den Gegensatz betrifft,
den die Momente der Quantität ausmachen.

Diese Kantischen Antinomien bleiben immer
ein wichtiger Teil der kritischen Philosophie;
sie sind es vornehmlich, die den Sturz der vorhergehenden Metaphysik bewirkten
und als ein Hauptübergang in die neuere Philosophie angesehen werden können,
indem sie insbesondere die Überzeugung von der Nichtigkeit
der Kategorien der Endlichkeit von seiten des Inhalts herbeiführen halfen,
- was ein richtigerer Weg ist als der formelle eines subjektiven Idealismus,
nach welchem nur dies ihr Mangel sein soll, subjektiv zu sein,
nicht das, was sie an ihnen selbst sind.

Bei ihrem großen Verdienst aber ist diese Darstellung sehr unvollkommen;
teils in sich selbst gehindert und verschroben,
teils schief in Ansehung ihres Resultats, welches voraussetzt,
daß das Erkennen keine anderen Formen des Denkens habe als endliche Kategorien.

- In beider Rücksicht verdienen diese Antinomien ((S216)) eine genauere Kritik,
die sowohl ihren Standpunkt und Methode näher beleuchten,
als auch den Hauptpunkt, worauf es ankommt,
von der unnützen Form, in die er hineingezwängt ist, befreien wird.


Zunächst bemerke ich, daß Kant seinen vier kosmologischen Antinomien
durch das Einteilungsprinzip, das er von seinem Schema der Kategorien hernahm,
einen Schein von Vollständigkeit geben wollte.

Allein die tiefere Einsicht in die antinomische
oder wahrhafter in die dialektische Natur der Vernunft
zeigt überhaupt jeden Begriff als Einheit entgegengesetzter Momente auf,
denen man also die Form antinomischer Behauptungen geben könnte.

Werden, Dasein usf. und jeder andere Begriff
könnte so seine besondere Antinomie liefern
und also so viele Antinomien aufgestellt werden, als sich Begriffe ergeben.

- Der alte Skeptizismus hat sich die Mühe nicht verdrießen lassen,
in allen Begriffen, die er in den Wissenschaften vorfand,
diesen Widerspruch oder die Antinomie aufzuzeigen.


Ferner hat Kant die Antinomie nicht in den Begriffen selbst,
sondern in der schon konkreten Form kosmologischer Bestimmungen aufgefaßt.

Um die Antinomie rein zu haben und sie in ihrem einfachen Begriffe zu behandeln,
mussten die Denkbestimmungen nicht in ihrer Anwendung und Vermischung
mit der Vorstellung der Welt, des Raums, der Zeit, der Materie usf. genommen,
sondern ohne diesen konkreten Stoff, der keine Kraft noch Gewalt dabei hat,
rein für sich betrachtet werden,
indem sie allein das Wesen und den Grund der Antinomien ausmachen.


Kant gibt diesen Begriff von den Antinomien,
daß sie nicht sophistische Künsteleien seien,
sondern Widersprüche, auf welche die Vernunft
notwendig stoßen (nach Kantischem Ausdrucke) müsse,
- was eine wichtige Ansicht ist.

- >Von dem natürlichen Scheine der Antinomien werde die Vernunft,
wenn sie seinen Grund einsieht, zwar nicht mehr hintergangen,
aber immer noch getäuscht.< [B 449]
- die kritische Auflösung nämlich
durch die sogenannte transzendentale ((S217)) Idealität der Welt der Wahrnehmung
hat kein anderes Resultat,
als daß sie den sogenannten Widerstreit zu etwas Subjektivem macht,
worin er freilich noch immer derselbe Schein,
d. h. so unaufgelöst bleibt als vorher.

Ihre wahrhafte Auflösung kann nur darin bestehen,
daß zwei Bestimmungen, indem sie
entgegengesetzt und einem und demselben Begriffe notwendig sind,
nicht in ihrer Einseitigkeit, jede für sich, gelten können,
sondern daß sie ihre Wahrheit nur in ihrem Aufgehobensein,
in der Einheit ihres Begriffes haben.


Die Kantischen Antinomien, näher betrachtet, enthalten nichts anderes
als die ganz einfache kategorische Behauptung
eines jeden der zwei entgegengesetzten Momente einer Bestimmung,
für sich isoliert von der anderen.

Aber dabei ist diese einfache kategorische oder eigentlich assertorische Behauptung
in ein schiefes, verdrehtes Gerüst von Räsonnement eingehüllt,
wodurch ein Schein von Beweisen hervorgebracht
und das bloß Assertorische der Behauptung versteckt
und unkenntlich gemacht werden soll,
wie sich dies bei der näheren Betrachtung derselben zeigen wird.


Die Antinomie, die hierher gehört,
betrifft die sogenannte unendliche Teilbarkeit der Materie
und beruht auf dem Gegensatz der Momente der Kontinuität und Diskretion,
welche der Begriff der Quantität in sich enthält.


Die Thesis derselben nach Kantischer Darstellung lautet so:
»Eine jede zusammengesetzte Substanz in der Welt
besteht aus einfachen Teilen,
und es existiert überall nichts als das Einfache
oder das, was aus diesem zusammengesetzt ist.« [B 462]


Es wird hier dem Einfachen, dem Atomen, das Zusammengesetzte gegenübergestellt,
was gegen das Stetige oder Kontinuierliche
eine sehr zurückstehende Bestimmung ist.

- Das Substrat, das diesen Abstraktionen gegeben ist,
nämlich Substanzen in der Welt,
heißt hier weiter nichts als die Dinge, wie sie sinnlich wahrnehmbar sind,
und hat auf das Antinomische selbst keinen Einfluß;
es konnte ebensogut ((S218)) auch Raum oder Zeit genommen werden.

- Indem nun die Thesis nur von Zusammensetzung statt von Kontinuität lautet,
so ist sie eigentlich sogleich ein analytischer oder tautologischer Satz.

Daß das Zusammengesetzte nicht an und für sich Eines,
sondern nur ein äußerlich Verknüpftes ist und aus Anderem besteht,
ist seine unmittelbare Bestimmung.

Das Andere aber des Zusammengesetzten ist das Einfache.

Es ist daher tautologisch, zu sagen,
daß das Zusammengesetzte aus Einfachem besteht.

- Wenn einmal gefragt wird, aus was etwas bestehe,
so wird die Angabe eines Anderen verlangt,
dessen Verbindung jenes Etwas ausmache.
 
Läßt man die Tinte wieder aus Tinte bestehen,
so ist der Sinn der Frage nach dem Bestehen aus Anderem verfehlt,
sie ist nicht beantwortet und wiederholt sich nur.

Eine weitere Frage ist dann, ob das, wovon die Rede ist,
aus etwas bestehen soll oder nicht.

Aber das Zusammengesetzte ist schlechthin ein solches,
das ein Verbundenes sein und aus Anderem bestehen soll.

- Wird das Einfache, welches das Andere des Zusammengesetzten sei,
nur für ein relativ Einfaches genommen,
das für sich wieder zusammengesetzt sei, so bleibt die Frage vor wie nach.

Der Vorstellung schwebt etwa nur dies oder jenes Zusammengesetzte vor,
von dem auch dies oder jenes Etwas als sein Einfaches angegeben würde,
was für sich ein Zusammengesetztes wäre.

Aber hier ist von dem Zusammengesetzten als solchem die Rede.


Was nun den Kantischen Beweis der Thesis betrifft, so macht er
wie alle Kantischen Beweise der übrigen antinomischen Sätze den Umweg,
der sich als sehr überflüssig zeigen wird, apogogisch zu sein.


>>Nehmet an,« beginnt er, >>die zusammengesetzten Substanzen
beständen nicht aus einfachen Teilen;
so würde, wenn alle Zusammensetzung
in Gedanken aufgehoben [? aufgelöst] würde,
kein zusammengesetzter Teil und,
da es (nach der soeben gemachten Annahme) keine einfachen Teile gibt,
auch kein einfacher, mithin gar nichts übrigbleiben,
folglich keine Substanz sein gegeben worden. « [ibid.] ((S219))


Diese Folgerung ist ganz richtig:
wenn es nichts als Zusammengesetztes gibt,
und man denkt sich alles Zusammengesetzte weg, so hat man gar nichts übrig;
- man wird dies zugeben,
aber dieser tautologische Überfluß konnte wegbleiben
und der Beweis sogleich mit dem anfangen, was darauf folgt, nämlich:


»Entweder also läßt sich unmöglich alle Zusammensetzung
in Gedanken aufheben,
oder es muss nach deren Aufhebung
etwas ohne alle Zusammensetzung Bestehendes, d. i. das Einfache, übrigbleiben.

Im ersteren Falle aber würde das Zusammengesetzte
wiederum nicht aus Substanzen bestehen
(weil bei diesen die Zusammensetzung
nur eine zufällige Relation der Substanzen ° ist,
ohne welche diese, als für sich beharrliche Wesen, bestehen müssen).

Da nun dieser Fall der Voraussetzung widerspricht,
so bleibt nur der zweite übrig:
daß nämlich das substantielle Zusammengesetzte in der Welt
aus einfachen Teilen bestehe.« [B 462, 464]


Derjenige Grund ist nebenher in eine Parenthese gelegt,
der die Hauptsache ausmacht,
gegen welche alles Bisherige völlig überflüssig ist.

Das Dilemma ist dieses:

Entweder ist das Zusammengesetzte das Bleibende oder nicht,
sondern das Einfache.

Wäre das erstere, nämlich das Zusammengesetzte das Bleibende,
so wäre das Bleibende nicht die Substanzen,
denn diesen ist die Zusammensetzung nur zufällige Relation;
aber Substanzen sind das Bleibende;
also ist das, was bleibt, das Einfache.


Es erhellt, daß ohne den apogogischen Umweg an die Thesis
»Die zusammengesetzte Substanz besteht aus einfachen Teilen«
unmittelbar jener Grund als Beweis angeschlossen werden konnte,
weil die Zusammensetzung bloß eine zufällige Relation der Substanzen ist,
welche ihnen also äußerlich ist und die Substanzen selbst nichts angeht.

- Hat es mit der Zufälligkeit der Zusammensetzung seine Richtigkeit; [ibd.] ((S.220))
so ist das Wesen freilich das Einfache.

Diese Zufälligkeit aber, auf welche es allein ankommt, wird nicht bewiesen,
sondern geradezu und zwar im Vorbeigehen in Parenthese, angenommen
als etwas, das sich von selbst versteht oder eine Nebensache ist.

Es versteht sich zwar allerdings von selbst, daß die Zusammensetzung
die Bestimmung der Zufälligkeit und Äußerlichkeit ist;
aber wenn es sich nur um ein zufälliges Zusammen handeln sollte
statt der Kontinuität,
so war es nicht der Mühe wert, darüber eine Antinomie aufzustellen,
oder vielmehr es ließ sich gar keine aufstellen;
die Behauptung der Einfachheit der Teile ist alsdann, wie erinnert, nur tautologisch.


In dem apogogischen Umwege sehen wir somit die Behauptung selbst vorkommen,
die aus ihm resultieren soll.

Kürzer läßt sich daher der Beweis so fassen:

Man nehme an, die Substanzen beständen nicht aus einfachen Teilen,
sondern seien nur zusammengesetzt.

Nun aber kann man alle Zusammensetzung in Gedanken aufheben
(denn sie ist nur eine zufällige Relation);
also blieben nach deren Aufhebung keine Substanzen übrig,
wenn sie nicht aus einfachen Teilen beständen.

Substanzen aber müssen wir haben, denn wir haben sie angenommen;
es soll uns nicht alles verschwinden, sondern etwas übrigbleiben;
denn wir haben ein solches Beharrliches, das wir Substanz nannten, vorausgesetzt;
dies Etwas muss also einfach sein.


Es gehört noch zum Ganzen, den Schlußsatz zu betrachten; er lautet folgendermaßen:

»Hieraus folgt unmittelbar,
daß die Dinge der Welt insgesamt einfache Wesen seien,
daß die Zusammensetzung nur ein äußerer Zustand derselben sei
und daß . . . die Vernunft die Elementarsubstanzen . . .
als einfache Wesen denken müsse. « [B 464 ]


Hier sehen wir die Äußerlichkeit, d. i. Zufälligkeit der Zusammensetzung
als Folge aufgeführt, nachdem sie vorher im Beweise
parenthetisch eingeführt und in ihm gebraucht worden war. ((S221))


Kant protestiert sehr, daß er bei den widerstreitenden Sätzen der Antinomie
nicht Blendwerke suche, um etwa (wie man zu sagen pflege)
einen Advokatenbeweis zu führen.

Der betrachtete Beweis ist nicht so sehr eines Blendwerks zu beschuldigen
als einer unnützen gequälten Geschrobenheit,
die nur dazu dient, die äußere Gestalt eines Beweises hervorzubringen
und es nicht in seiner ganzen Durchsichtigkeit zu lassen,
daß das, was als Folgerung hervortreten sollte,
in Parenthese der Angel[punkt] des Beweises ist,
daß überhaupt kein Beweis, sondern nur eine Voraussetzung vorhanden ist.


Die Antithesis lautet:
 
»Kein zusammengesetztes Ding in der Welt besteht aus einfachen Teilen,
und es existiert überall nichts Einfaches in derselben. « [B 463]

Der Beweis ist gleichfalls apogogisch gewendet
und auf eine andere Weise ebenso tadelhaft als der vorige.


»Setzet,« heißt es, »ein zusammengesetztes Ding (als Substanz)
bestehe aus einfachen Teilen.

Weil alles äußere Verhältnis,
mithin auch alle Zusammensetzung aus Substanzen
nur im Raume möglich ist,
so muss, aus so viel Teilen das Zusammengesetzte besteht,
aus ebenso viel Teilen auch der Raum bestehen, den es einnimmt.

Nun besteht der Raum nicht aus einfachen Teilen, sondern aus Räumen.

Also muss jeder Teil des Zusammengesetzten einen Raum einnehmen.

Die schlechthin ersten Teile aber alles Zusammengesetzten sind einfach.

Also nimmt das Einfache einen Raum ein.

Da nun alles Reale, was einen Raum einnimmt,
ein außerhalb einander befindliches Mannigfaltiges in sich faßt,
mithin zusammengesetzt ist, und zwar. . . aus Substanzen,
so würde das Einfache ein substantielles Zusammengesetztes sein;
welches sich widerspricht.« [ibid. ]


Dieser Beweis kann ein ganzes Nest
(um einen sonst vorkommenden Kantischen Ausdruck zu gebrauchen)
von fehlerhaftem Verfahren genannt werden.


Zunächst ist die apogogische Wendung ein grundloser Schein. ((S222))

Denn die Annahme, daß alles Substantielle räumlich sei,
der Raum aber nicht aus einfachen Teilen bestehe,
ist eine direkte Behauptung,
die zum unmittelbaren Grund des zu Beweisenden gemacht
und mit der das ganze Beweisen fertig ist.


Alsdann fängt dieser apogogische Beweis mit dem Satze an,
daß alle Zusammensetzung aus Substanzen ein äußeres Verhältnis sei,
vergißt ihn aber sonderbar genug sogleich wieder.

Es wird nämlich fortgeschlossen,
daß die Zusammensetzung nur im Raume möglich sei,
der Raum bestehe aber nicht aus einfachen Teilen,
das Reale, das einen Raum einnehme, sei mithin zusammengesetzt.

Wenn einmal die Zusammensetzung
als ein äußerliches Verhältnis angenommen ist,
so ist die Räumlichkeit selbst,
    als in der allein die Zusammensetzung möglich sein soll,
eben darum ein äußerliches Verhältnis für die Substanzen,
das sie nichts angeht und ihre Natur nicht berührt,
sowenig als das übrige,
was man aus der Bestimmung der Räumlichkeit noch folgern kann.

Aus jenem Grunde eben sollten die Substanzen
nicht in den Raum gesetzt worden sein.
 

Ferner ist vorausgesetzt, daß der Raum,
in den die Substanzen hier versetzt werden,
nicht aus einfachen Teilen bestehe;
weil er eine Anschauung, nämlich, nach Kantischer Bestimmung,
eine Vorstellung, die nur durch einen einzigen Gegenstand
gegeben werden könne, und kein sogenannter diskursiver Begriff sei.

- Bekanntlich hat sich aus dieser Kantischen Unterscheidung
von Anschauung und Begriff viel Unfug mit dem Anschauen entwickelt,
und um das Begreifen zu ersparen,
ist der Wert und das Gebiet derselben auf alles Erkennen ausgedehnt worden.

Hierher gehört nur, daß der Raum, wie auch die Anschauung selbst,
zugleich begriffen werden muss, wenn man nämlich überhaupt begreifen will.

Damit entstünde die Frage, ob der Raum nicht,
wenn er auch als Anschauung einfache Kontinuität wäre,
nach seinem Begriffe als aus einfachen Teilen bestehend gefaßt werden müsse,
oder der Raum träte in dieselbe Antinomie ein,
in welche nur die Substanz versetzt wurde.

In ((S223)) der Tat, wenn die Antinomie abstrakt gefaßt wird,
betrifft sie, wie erinnert, die Quantität überhaupt
und somit Raum und Zeit ebensosehr.


Weil aber im Beweise angenommen ist,
daß der Raum nicht aus einfachen Teilen bestehe,
so hätte dies Grund sein sollen, das Einfache nicht in dies Element zu versetzen,
welches der Bestimmung des Einfachen nicht angemessen ist.

- Hierbei kommt aber auch die Kontinuität des Raumes
mit der Zusammensetzung in Kollision;
es werden beide miteinander verwechselt,
die erstere an die Stelle der letzteren untergeschoben
(was im Schlusse eine Quaternio terminorum gibt).

Es ist bei Kant die ausdrückliche Bestimmung des Raums,
daß er ein einiger ist und die Teile desselben nur auf Einschränkungen beruhen,
so daß sie »nicht vor dem einigen allbefassenden Raume
gleichsam als dessen Bestandteile
(daraus seine Zusammensetzung möglich sei) vorhergehen«
(Kritik der reinen Vernunft, 2. Ausg. [B], S. 39).

Hier ist die Kontinuität sehr richtig und bestimmt vom Raume
gegen die Zusammensetzung aus Bestandteilen angegeben.

In der Argumentation dagegen soll das Versetzen der Substanzen in den Raum
ein >>außerhalb einander befindliches Mannigfaltiges«,
und zwar »mithin ein Zusammengesetztes« mit sich führen.

Wogegen, wie angeführt,
die Art, wie im Raume eine Mannigfaltigkeit sich findet,
ausdrücklich die Zusammensetzung und der Einigkeit desselben
vorhergehende Bestandteile ausschließen soll.


In der Anmerkung zu dem Beweis der Antithesis
wird noch ausdrücklich die sonstige Grundvorstellung
der kritischen Philosophie herbeigebracht,
daß wir von Körpern nur als Erscheinungen einen Begriff haben;
als solche aber setzen sie den Raum,
als die Bedingung der Möglichkeit aller äußeren Erscheinung,
notwendig voraus.

Wenn hiermit unter den Substanzen nur Körper gemeint sind,
wie wir sie sehen, fühlen, schmecken usf.,
so ist von dem, was sie in ihrem Begriffe sind, eigentlich nicht die Rede;
es handelt sich nur vom sinnlich Wahrgenommenen.

Der Beweis der Antithesis ((S224)) war also kurz zu fassen:

Die ganze Erfahrung unseres Sehens, Fühlens usf. zeigt uns nur Zusammengesetztes;
auch die besten Mikroskope und die feinsten Messer
haben uns noch auf nichts Einfaches stoßen lassen.

Also soll auch die Vernunft nicht auf etwas Einfaches stoßen wollen.


Wenn wir hiermit den Gegensatz dieser Thesis und Antithesis genauer ansehen
und ihre Beweise von allem unnützen Überfluß und Verschrobenheit befreien,
so enthält der Beweis der Antithesis
- durch die Versetzung der Substanzen in den Raum -
die assertorische Annahme der Kontinuität,
so wie der Beweis der Thesis
- durch die Annahme der Zusammensetzung
als der Art der Beziehung des Substantiellen -
die assertorische Annahme der Zufälligkeit dieser Beziehung
und damit die Annahme der Substanzen als absoluter Eins.

Die ganze Antinomie reduziert sich also auf die Trennung
und direkte Behauptung der beiden Momente der Quantität,
und zwar derselben als schlechthin getrennter.

Nach der bloßen Diskretion genommen
sind die Substanz, Materie, Raum, Zeit usf. schlechthin geteilt;
das Eins ist ihr Prinzip.

Nach der Kontinuität ist dieses Eins nur ein aufgehobenes;
das Teilen bleibt Teilbarkeit, es bleibt die Möglichkeit zu teilen,
als Möglichkeit, ohne wirklich auf das Atome zu kommen.

Bleiben wir nun auch bei der Bestimmung stehen,
die in dem Gesagten von diesen Gegensätzen gegeben ist,
so liegt in der Kontinuität selbst das Moment des Atomen,
da sie schlechthin als die Möglichkeit des Teilens ist,
so wie jenes Geteiltsein, die Diskretion,
auch allen Unterschied der Eins aufhebt
- denn die einfachen Eins ist eines was das andere ist -,
somit ebenso ihre Gleichheit und damit ihre Kontinuität enthält.

Indem jede der beiden entgegengesetzten Seiten an ihr selbst ihre andere enthält
und keine ohne die andere gedacht werden kann, so folgt daraus,
daß keine dieser Bestimmungen, allein genommen, Wahrheit hat,
sondern nur ihre Einheit.

Dies ist die wahrhafte dialektische Betrachtung derselben
sowie das wahrhafte Resultat.


Unendlich sinnreicher und tiefer als die betrachtete Kantische ((S225)) Antinomie
sind die dialektischen Beispiele der alten eleatischen Schule,
besonders die Bewegung betreffend,
die sich gleichfalls auf den Begriff der Quantität gründen
und in ihm ihre Auflösung haben.

Es würde zu weitläufig sein, sie hier noch zu betrachten;
sie betreffen die Begriffe von Raum und Zeit und können bei diesen
und in der Geschichte der Philosophie abgehandelt werden.

- Sie machen der Vernunft ihrer Erfinder die höchste Ehre;
sie haben das reine Sein des Parmenides zum Resultate,
indem sie die Auflösung alles bestimmten Seins in sich selbst aufzeigen,
und sind somit an ihnen selbst das Fließen des Heraklit.

Sie sind darum auch einer gründlicheren Betrachtung würdig
als der gewöhnlichen Erklärung, daß es eben Sophismen seien;
welche Assertion sich an das empirische Wahrnehmen nach dem
- dem gemeinen Menschenverstande so einleuchtenden -
Vorgange des Diogenes hält,
der, als ein Dialektiker den Widerspruch, den die Bewegung enthält, aufzeigte,
seine Vernunft weiter nicht angestrengt haben,
sondern durch ein stummes Hin- und Hergehen
auf den Augenschein verwiesen haben soll,
- eine Assertion und Widerlegung, die freilich leichter zu machen ist,
als sich in die Gedanken einzulassen
und die Verwicklungen, in welche der Gedanke,
und zwar der nicht weithergeholte,
sondern im gewöhnlichen Bewußtsein selbst sich formierende,
hineinführt, festzuhalten und durch den Gedanken selbst aufzulösen.


Die Auflösung, die Aristoteles von diesen dialektischen Gestaltungen macht,
sind hoch zu rühmen und in seinen wahrhaft spekulativen Begriffen
von Raum, Zeit und Bewegung enthalten.

Er setzt der unendlichen Teilbarkeit
(was, da sie vorgestellt wird, als ob sie bewerkstelligt werde,
mit dem unendlichen Geteiltsein, den Atomen, dasselbe ist),
als worauf die berühmtesten jener Beweise beruhen,
die Kontinuität, welche ebensowohl auf die Zeit als den Raum geht,
entgegen,
so daß die unendliche, d. h. abstrakte Vielheit nur an sich,
der Möglichkeit nach, in der Kontinuität enthalten sei.

Das Wirkliche gegen die abstrakte Vielheit
wie gegen die ((S226)) abstrakte Kontinuität
ist das Konkrete derselben, die Zeit und der Raum selbst,
wie gegen diese wieder die Bewegung und die Materie.

Nur an sich oder nur der Möglichkeit nach ist das Abstrakte;
es ist nur als Moment eines Reellen.

Bayle, der in seinem Dictionnaire, Art. Zenon,
die von Aristoteles gemachte Auflösung der zenonischen Dialektik
» pitoyable« findet,
versteht nicht, was es heißt, daß die Materie
nur der Möglichkeit nach ins Unendliche teilbar sei;
er erwidert, wenn die Materie ins Unendliche teilbar sei,
so enthalte sie wirklich eine unendliche Menge von Teilen;
dies sei also nicht ein Unendliches en puissance,
sondern ein Unendliches, das reell und aktuell existiere.

- Vielmehr ist schon die Teilbarkeit selbst nur eine Möglichkeit,
nicht ein Existieren der Teile,
und die Vielheit überhaupt in der Kontinuität nur als Moment,
als Aufgehobenes gesetzt.

- Scharfsinniger Verstand, an dem Aristoteles wohl auch unübertroffen ist,
reicht nicht hin, dessen spekulative Begriffe zu fassen und zu beurteilen,
sowenig als die angeführte Plumpheit sinnlicher Vorstellung,
Argumentationen des Zenon zu widerlegen;
jener Verstand ist in dem Irrtume, solche Gedankendinge, Abstraktionen
wie unendliche Menge von Teilen,
für Etwas, für ein Wahres und Wirkliches zu halten;
dieses sinnliche Bewußtsein aber läßt sich nicht
über das Empirische hinaus zu Gedanken bringen.


Die Kantische Auflösung der Antinomie besteht gleichfalls allein darin,
daß die Vernunft die sinnliche Wahrnehmung nicht überfliegen
und die Erscheinung, wie sie ist, nehmen solle.

Diese Auflösung läßt den Inhalt der Antinomie selbst auf der Seite liegen;
sie erreicht die Natur des Begriffes ihrer Bestimmungen nicht,
deren jede, für sich isoliert, nichtig
und an ihr selbst nur das Übergehen in ihre andere ist
und die Quantität als ihre Einheit und darin ihre Wahrheit hat. ((S227))





B. KONTINUIERLICHE UND DISKRETE größe



1. Die Quantität enthält die beiden Momente
der Kontinuität und der Diskretion.

Sie ist in beiden als ihren Bestimmungen zu setzen.

- Sie ist schon sogleich unmittelbare Einheit derselben,
d. h. sie ist zunächst selbst nur in der einen ihrer Bestimmungen,
der Kontinuität, gesetzt
und ist so kontinuierliche größe.


Oder die Kontinuität ist zwar eines der Momente der Quantität,
die erst mit dem anderen, der Diskretion, vollendet ist.

Aber die Quantität ist konkrete Einheit nur,
insofern sie die Einheit unterschiedener Momente ist.

Diese sind daher auch als unterschieden zu nehmen,
jedoch nicht in Attraktion und Repulsion wieder aufzulösen,
sondern nach ihrer Wahrheit jede in ihrer Einheit mit der anderen,
d. h. das Ganze bleibend.

Die Kontinuität ist nur die zusammenhängende, gediegene Einheit,
als Einheit des Diskreten;
so gesetzt ist sie nicht mehr nur Moment, sondern ganze Quantität,
- kontinuierliche größe.


2. Die unmittelbare Quantität ist kontinuierliche größe.

Aber die Quantität ist überhaupt nicht ein Unmittelbares;
die Unmittelbarkeit ist eine Bestimmtheit,
deren Aufgehobensein sie selbst ist.

Sie ist also in der ihr immanenten Bestimmtheit zu setzen, diese ist das Eins.

Die Quantität ist diskrete größe.


Die Diskretion ist, wie die Kontinuität, Moment der Quantität,
aber ist selbst auch die ganze Quantität,
eben weil sie Moment in ihr, dem Ganzen ist,
also als unterschieden nicht aus demselben,
nicht aus ihrer Einheit mit dem anderen Momente heraustritt.

- Die Quantität ist Außereinandersein an sich,
und die kontinuierliche größe ist dies Außereinandersein
als sich ohne Negation fortsetzend,
als ein in sich selbst gleicher Zusammenhang.

Die diskrete größe aber ist dies Außereinander
als nicht kontinuierlich, als unterbrochen.

Mit dieser Menge von Eins ist jedoch nicht
die Menge des Atomen und das Leere,
die Repulsion überhaupt, ((S228)) wieder vorhanden.

Weil die diskrete größe Quantität ist,
ist ihre Diskretion selbst kontinuierlich.

Diese Kontinuität am Diskreten besteht darin,
daß die Eins das einander Gleiche sind
oder daß sie dieselbe Einheit haben.

Die diskrete größe ist also das Außereinander des vielen Eins,
als des Gleichen,
nicht das viele Eins überhaupt,
sondern als das Viele einer Einheit gesetzt.



Anmerkung:
Gewöhnliche Trennung der kontinuierlichen und diskreten größe


In gewöhnlichen Vorstellungen von kontinuierlicher und diskreter größe
wird es übersehen, daß jede dieser Größen beide Momente,
sowohl die Kontinuität als die Diskretion, an ihr hat
und ihr Unterschied nur dadurch konstituiert wird,
welches von beiden Momenten die gesetzte Bestimmtheit
und welches nur die an sich seiende ist.

Raum, Zeit, Materie usf. sind stetige Größen,
indem sie Repulsionen von sich selbst,
ein strömendes Außersichkommen sind,
das zugleich nicht ein Übergehen oder Verhalten
zu einem qualitativ Anderen ist.

Sie haben die absolute Möglichkeit,
daß das Eins allenthalben an ihnen gesetzt werde;
nicht als die leere Möglichkeit eines bloßen Andersseins
(wie man sagt, es wäre möglich,
daß an der Stelle dieses Steines ein Baum stünde),
sondern sie enthalten das Prinzip des Eins an ihnen selbst,
es ist die eine der Bestimmungen, von denen sie konstituiert sind.


Umgekehrt ist an der diskreten größe die Kontinuität nicht zu übersehen;
dies Moment ist, wie gezeigt, das Eins als Einheit.


Die kontinuierliche und diskrete größe
können als Arten der Quantität betrachtet werden,
aber insofern die größe
nicht unter irgendeiner äußerlichen Bestimmtheit gesetzt ist,
sondern unter den Bestimmtheiten ihrer eigenen Momente;
der gewöhnliche Übergang von Gattung zu Art läßt an jene
nach irgendeinem ihr äußerlichen Einteilungsgrunde
äußerliche Bestimmungen kommen.

Dabei sind die kontinuierliche und diskrete größe noch keine Quanta;
sie sind nur die ((S229)) Quantität selbst in einer jeden ihrer beiden Formen.

Sie werden etwa Größen genannt,
insofern sie mit dem Quantum dies überhaupt gemein haben,
eine Bestimmtheit an der Quantität zu sein.




C. BEGRENZUNG DER QUANTITÄT



Die diskrete größe hat erstlich das Eins zum Prinzip
und ist zweitens Vielheit der Eins,
drittens ist sie wesentlich stetig,
sie ist das Eins zugleich als Aufgehobenes, als Einheit,
das Sich-Kontinuieren als solches in der Diskretion der Eins.

Sie ist daher als eine größe gesetzt,
und die Bestimmtheit derselben ist das Eins,
das an diesem Gesetztsein und Dasein ausschließendes Eins,
Grenze an der Einheit ist.

Die diskrete größe als solche soll unmittelbar nicht begrenzt sein;
aber als unterschieden von der kontinuierlichen
ist sie als ein Dasein und ein Etwas,
dessen Bestimmtheit das Eins
und als in einem Dasein auch erste Negation und Grenze ist.


Diese Grenze, außerdem,
daß sie auf die Einheit bezogen und die Negation an derselben ist,
ist als Eins auch auf sich bezogen;
so ist sie umschließende, befassende Grenze.

Die Grenze unterscheidet sich hier nicht zuerst
von dem Etwas ihres Daseins,
sondern ist als Eins unmittelbar dieser negative Punkt selbst.

Aber das Sein, das hier begrenzt ist, ist wesentlich als Kontinuität,
vermöge derer es über die Grenze und dies Eins hinausgeht
und gleichgültig dagegen ist.

Die reale diskrete Quantität ist so eine Quantität oder Quantum,
- die Quantität als ein Dasein und Etwas.


Indem das Eins, welches Grenze ist,
die vielen Eins der diskreten Quantität in sich befaßt,
setzt sie dieselben ebensowohl als in ihm aufgehobene;
sie ist Grenze an der Kontinuität überhaupt als solcher,
und damit ist hier der Unterschied
von kontinuierlicher und diskreter größe gleichgültig;
oder richtiger,
sie ist Grenze an der Kontinuität der einen sosehr als der anderen;
beide gehen darein über, Quanta zu sein. ((S230))




Zweites Kapitel
Quantum



Das Quantum
- zunächst Quantität mit einer Bestimmtheit oder Grenze überhaupt -
ist in seiner vollkommenen Bestimmtheit die Zahl.

Das Quantum unterscheidet sich
zweitens zunächst in extensives,
an dem die Grenze als Beschränkung der daseienden Vielheit ist,
alsdann, indem dieses Dasein ins Fürsichsein übergeht,
in intensives Quantum, Grad,
welches als für sich und darin als gleichgültige Grenze
ebenso unmittelbar außer sich seine Bestimmtheit an einem Anderen hat.

Als dieser gesetzte Widerspruch,
so einfach in sich bestimmt zu sein
und seine Bestimmtheit außer sich zu haben und für sie außer sich zu weisen,
geht das Quantum drittens als das an sich selbst äußerliche Gesetzte
in die quantitative Unendlichkeit über.




A. DIE ZAHL



Die Quantität ist Quantum oder hat eine Grenze,
sowohl als kontinuierliche wie als diskrete größe.

Der Unterschied dieser Arten hat hier zunächst keine Bedeutung.


Die Quantität ist als das aufgehobene Fürsichsein
schon an und für sich selbst gegen ihre Grenze gleichgültig.

Aber damit ist ihr ebenso die Grenze
oder ein Quantum zu sein nicht gleichgültig;
denn sie enthält das Eins, das absolute Bestimmtsein,
in sich als ihr eigenes Moment,
das also als gesetzt an ihrer Kontinuität oder Einheit ihre Grenze ist,
die aber als Eins, zu dem sie überhaupt geworden, bleibt.


Dies Eins ist also das Prinzip des Quantums,
aber das Eins als der Quantität.

Dadurch ist es erstlich kontinuierlich, es ist Einheit;
zweitens ist es diskret,
an sich seiende (wie in der kontinuierlichen)
oder gesetzte (wie in der diskreten größe) Vielheit der Eins,
welche die Gleichheit miteinander, jene Kontinuität, dieselbe Einheit haben.

Drittens ist dies ((S231)) Eins auch Negation der vielen Eins
als einfache Grenze, ein ausschließen seines Andersseins aus sich,
eine Bestimmung seiner gegen andere Quanta.

Das Eins ist insofern
a) sich auf sich beziehende,
ß) umschließende und
y) anderes ausschließende Grenze.


Das Quantum, in diesen Bestimmungen vollständig gesetzt, ist die Zahl.

Das vollständige Gesetztsein liegt in dem Dasein der Grenze als Vielheit
und damit ihrem Unterschiedensein von der Einheit.

Die Zahl erscheint deswegen als diskrete größe,
aber sie hat an der Einheit ebenso die Kontinuität.

Sie ist darum auch das Quantum in vollkommener Bestimmtheit,
indem in ihr die Grenze als bestimmte Vielheit [ist],
die das Eins, das schlechthin Bestimmte, zu seinem Prinzipe hat.

Die Kontinuität, als in der das Eins nur an sich, als Aufgehobenes ist
- gesetzt als Einheit -, ist die Form der Unbestimmtheit.


Das Quantum nur als solches ist begrenzt überhaupt;
seine Grenze ist abstrakte, einfache Bestimmtheit desselben.

Indem es aber Zahl ist, ist diese Grenze als in sich selbst mannigfaltig gesetzt.

Sie enthält die vielen Eins, die ihr Dasein ausmachen,
enthält sie aber nicht auf unbestimmte Weise,
sondern die Bestimmtheit der Grenze fällt in sie;
die Grenze schließt anderes Dasein, d. i. andere Viele aus,
und die von ihr umschlossenen Eins sind eine bestimmte Menge,
die Anzahl,
zu welcher als der Diskretion, wie sie in der Zahl ist,
das andere die Einheit, die Kontinuität derselben, ist.

Anzahl und Einheit machen die Momente der Zahl aus.


Von der Anzahl ist noch näher zu sehen,
wie die vielen Eins, aus denen sie besteht, in der Grenze sind;
von der Anzahl ist der Ausdruck richtig, daß sie aus den Vielen besteht,
denn die Eins sind in ihr nicht als aufgehoben, sondern sind in ihr,
nur mit der ausschließenden Grenze gesetzt,
gegen welche sie gleichgültig sind.

Aber diese ist es nicht gegen sie.

Beim Dasein hatte sich zunächst
das Verhältnis der Grenze zu demselben so gestellt,
daß das Dasein als das Affirmative diesseits seiner Grenze bestehen blieb
und diese, die Negation, ((S232)) außerhalb an seinem Rande sich befand;
ebenso erscheint an den vielen Eins
das Abbrechen derselben und das ausschließen anderer Eins
als eine Bestimmung, die außerhalb der umschlossenen Eins fällt.

Aber es hat sich dort ergeben, daß die Grenze das Dasein durchdringt,
so weit geht als dieses
und daß Etwas dadurch seiner Bestimmung nach begrenzt, d. i. endlich ist.

- So stellt man im Quantitativen der Zahl etwa Hundert so vor,
daß das hundertste Eins allein die Vielen so begrenze, daß sie hundert seien.

Einerseits ist dies richtig;
andererseits aber hat unter den hundert Eins keines einen Vorzug,
da sie nur gleich sind;
jedes ist ebenso das Hundertste;
sie gehören also alle der Grenze an, wodurch die Zahl Hundert ist;
diese kann für ihre Bestimmtheit keines entbehren;
die anderen machen somit gegen das hundertste Eins kein Dasein aus,
das außerhalb der Grenze oder nur innerhalb ihrer,
überhaupt verschieden von ihr wäre.

Die Anzahl ist daher nicht eine Vielheit
gegen das umschließende, begrenzende Eins,
sondern macht selbst diese Begrenzung aus,
welche ein bestimmtes Quantum ist;
die Vielen machen eine Zahl, ein Zwei, ein Zehn, ein Hundert usf. aus.


Das begrenzende Eins ist nun das Bestimmtsein gegen Anderes,
Unterscheidung der Zahl von anderen.

Aber diese Unterscheidung wird nicht qualitative Bestimmtheit,
sondern bleibt quantitativ,
fällt nur in die vergleichende äußerliche Reflexion;
die Zahl bleibt als Eins in sich zurückgekehrt
und gleichgültig gegen andere.

Diese Gleichgültigkeit der Zahl gegen andere
ist wesentliche Bestimmung derselben;
sie macht ihr An-sich-Bestimmtsein,
aber zugleich ihre eigene Äußerlichkeit aus.

- Sie ist so ein numerisches Eins, als das absolut bestimmte,
das zugleich die Form der einfachen Unmittelbarkeit hat
und dem daher die Beziehung auf Anderes völlig äußerlich ist.

Als Eins, das Zahl ist, hat es ferner die Bestimmtheit,
insofern sie Beziehung auf Anderes ((S233)) ist,
als seine Momente in ihm selbst,
in seinem Unterschiede der Einheit und der Anzahl,
und die Anzahl ist selbst Vielheit der Eins,
d. i. es ist in ihm selbst diese absolute Äußerlichkeit.

- Dieser Widerspruch der Zahl oder des Quantums überhaupt in sich
ist die Qualität des Quantums,
in deren weiteren Bestimmungen sich dieser Widerspruch entwickelt.




Anmerkung 1:
Rechnungsarten der Arithmetik.
Kantische synthetische Sätze a priori der Anschauung




Die Raumgröße und Zahlgröße pflegen so als zwei Arten betrachtet zu werden,
daß die Raumgröße für sich so sehr bestimmte größe als die Zahlgröße wäre;
ihr Unterschied bestünde nur
in den verschiedenen Bestimmungen der Kontinuität und Diskretion,
als Quantum aber stünden sie auf derselben Stufe.

Die Geometrie hat im allgemeinen in der Raumgröße die kontinuierliche
und die Arithmetik in der Zahlgröße die diskrete größe zum Gegenstande.

Aber mit dieser Ungleichheit des Gegenstandes haben sie auch nicht
eine gleiche Weise und Vollkommenheit der Begrenzung oder des Bestimmtseins.

Die Raumgröße hat nur die Begrenzung überhaupt;
insofern sie als ein schlechthin bestimmtes Quantum betrachtet werden soll,
hat sie die Zahl nötig.

Die Geometrie als solche mißt die Raumfiguren nicht,
ist nicht Meßkunst, sondern vergleicht sie nur.

Auch bei ihren Definitionen sind die Bestimmungen
zum Teil von der Gleichheit der Seiten, Winkel,
der gleichen Entfernung hergenommen.

So bedarf der Kreis, weil er allein
auf der Gleichheit der Entfernung aller in ihm möglichen Punkte
von einem Mittelpunkte beruht,
zu seiner Bestimmung keiner Zahl.

Diese auf Gleichheit oder Ungleichheit beruhenden Bestimmungen
sind echt geometrisch.

Aber sie reichen nicht aus, und zu anderen, z. B. Dreieck, Viereck,
ist die Zahl erforderlich,
die in ihrem Prinzip, dem Eins, das Für-sich-Bestimmtsein,
nicht das Bestimmtsein durch Hilfe eines Anderen,
also nicht durch Vergleichung enthält.

Die Raumgröße hat zwar an dem Punkte
die dem Eins entsprechende Bestimmtheit;
der Punkt aber wird, insofern er außer sich ((S234)) kommt,
ein Anderes, er wird zur Linie;
weil er wesentlich nur als Eins des Raumes ist,
wird er in der Beziehung zu einer Kontinuität,
in der die Punktualität, das Für-sich-Bestimmtsein, das Eins,
aufgehoben ist.

Insofern das Für-sich-Bestimmtsein im Außersichsein sich erhalten soll,
muss die Linie als eine Menge von Eins vorgestellt werden
und die Grenze die Bestimmung der vielen Eins in sich bekommen,
d. h. die größe der Linie - ebenso der anderen Raumbestimmungen -
muss als Zahl genommen werden.


Die Arithmetik betrachtet die Zahl und deren Figuren,
oder vielmehr betrachtet sie nicht, sondern operiert mit denselben.

Denn die Zahl ist die gleichgültige Bestimmtheit, träge;
sie muss von außen betätigt und in Beziehung gebracht werden.

Die Beziehungsweisen sind die Rechnungsarten.

Sie werden in der Arithmetik nacheinander aufgeführt,
und es erhellt, daß eine von der anderen abhängt.

Der Faden, der ihren Fortgang leitet,
wird jedoch in der Arithmetik nicht herausgehoben.

Aus der Begriffsbestimmung der Zahl selbst aber
ergibt sich leicht die systematische Zusammenstellung,
auf welche der Vortrag dieser Elemente in den Lehrbüchern
einen gerechten Anspruch hat.

Diese leitenden Bestimmungen sollen hier kurz bemerklich gemacht werden.


Die Zahl ist um ihres Prinzips, des Eins, willen
ein äußerlich Zusammengefaßtes überhaupt,
eine schlechthin analytische Figur, die keinen inneren Zusammenhang enthält.

Weil sie so nur ein äußerlich Erzeugtes ist,
ist alles Rechnen das Hervorbringen von Zahlen,
ein Zählen oder bestimmter: Zusammenzählen.

Eine Verschiedenheit dieses äußerlichen Hervorbringens,
das nur immer dasselbe tut,
kann allein in einem Unterschiede der Zahlen gegeneinander,
die zusammengezählt werden sollen, liegen;
solcher Unterschied muss selbst anderswoher
und aus äußerlicher Bestimmung genommen werden.


Der qualitative Unterschied, der die Bestimmtheit der Zahl ausmacht,
ist der, den wir gesehen, der Einheit und der Anzahl;
auf diesen reduziert sich daher alle Begriffsbestimmtheit, ((S235))
die in den Rechnungsarten vorkommen kann.

Der Unterschied aber, der den Zahlen als Quantis zukommt,
ist die äußerliche Identität und der äußerliche Unterschied,
die Gleichheit und Ungleichheit,
welches Reflexionsmomente und unter den Bestimmungen des Wesens
beim Unterschiede abzuhandeln sind.


Ferner ist noch vorauszuschicken,
daß Zahlen im allgemeinen auf zwei Weisen hervorgebracht werden können:
entweder durch Zusammenfassen oder durch Trennen bereits zusammengefaßter;
- indem beides bei einer auf dieselbe Weise bestimmten Art von Zählen stattfindet,
so entspricht einem Zusammenfassen von Zahlen, was man positive Rechnungsart,
ein Trennen, was man negative Rechnungsart nennen kann;
die Bestimmung der Rechnungsart selbst ist von diesem Gegensatze unabhängig.


1. Nach diesen Bemerkungen folgt hiermit die Angabe der Rechnungsweisen.

Das erste Erzeugen der Zahl ist das Zusammenfassen von Vielen als solchen,
d. i. deren jedes nur als Eins gesetzt ist, - das Numerieren.

Da die Eins äußerliche gegeneinander sind,
stellen sie sich unter einem sinnlichen Bilde dar,
und die Operation, durch welche die Zahl erzeugt wird,
ist ein Abzählen an den Fingern, an Punkten usf.

Was Vier, Fünf usf. ist, kann nur gewiesen werden.

Das Abbrechen, wieviel zu[sammen]gefaßt werden soll, ist,
indem die Grenze äußerlich ist, etwas Zufälliges, Beliebiges.

- Der Unterschied von Anzahl und Einheit,
der im Fortgange der Rechnungsarten eintritt,
begründet ein System - dyadisches, dekadisches usf. - von Zahlen;
ein solches beruht im ganzen auf der Beliebigkeit,
welche Anzahl konstant wieder als Einheit genommen werden soll.


Die durch das Numerieren entstandenen Zahlen werden wieder numeriert;
und indem sie so unmittelbar gesetzt sind,
sind sie noch ohne alle Beziehung aufeinander bestimmt,
gleichgültig gegen Gleichheit und Ungleichheit,
von zufälliger größe gegeneinander, daher ungleiche überhaupt,
- Addieren.

- Daß 7 und 5 Zwölfe ausmacht, erfährt man ((S236)) dadurch,
daß zu den 7 noch 5 Eins an den Fingern oder sonst hinzunumeriert werden,
- wovon das Resultat nachher im Gedächtnisse, auswendig, behalten wird;
denn Innerliches ist nichts dabei.

Ebenso daß 7 X 5 = 35 ist, weiß man durch das Abzählen an den Fingern usf.,
daß zu einem Sieben noch eins hinzunumeriert, dies fünfmal bewerkstelligt
und das Resultat gleichfalls auswendig behalten wird.

Die Mühe dieses Numerierens, der Erfindung der Summen, Produkte
ist durch die fertigen Eins und Eins oder Eins mal Eins,
die man nur auswendig zu lernen hat, abgetan.


Kant hat (in der Einleitung zur Kritik der reinen Vernunft, V)
den Satz »7 + 5 = 12 « als einen synthetischen Satz betrachtet.

»Man sollte«, sagt er, »anfänglich zwar denken (gewiß!),
er sei ein bloß analytischer Satz,
der aus dem Begriffe einer Summe von Sieben und Fünf
nach dem Satze des Widerspruchs erfolge.«

Der Begriff der Summe heißt weiter nichts als die abstrakte Bestimmung,
daß diese zwei Zahlen zusammengefaßt werden sollen,
und zwar als Zahlen auf eine äußerliche, d. i. begrifflose Weise,
- daß von Sieben weiter numeriert werden soll,
bis die hinzuzufügenden Eins, deren Anzahl auf Fünf bestimmt ist,
erschöpft worden;
das Resultat führt den sonst bekannten Namen Zwölf.

»Allein<<, fährt Kant fort, »wenn man es näher betrachtet, so findet man,
daß der Begriff der Summe von 7 und 5 nichts weiter enthalte
als die Vereinigung beider Zahlen in eine einzige,
wodurch ganz und gar nicht gedacht wird,
welches diese einzige Zahl sei, die beide zusammenfaßt. . .

Ich mag meinen Begriff von einer solchen möglichen Summe
noch so lange zergliedern,
so werde ich doch darin die Zwölf nicht antreffen.«

Mit dem Denken der Summe, Zergliederung des Begriffs,
hat der Übergang von jener Aufgabe zu dem Resultat
allerdings nichts zu tun;
>man muss über diese Begriffe hinausgehen
und die Anschauung, fünf Finger usf. zu Hilfe nehmen
und so die Einheiten der in der Anschauung gegebenen Fünf
zu dem Begriffe von Sieben hinzutun<, fügt er hinzu.

Fünf ist allerdings in der Anschauung gegeben,
d. h. ((S237)) ein ganz äußerliches Zusammengefügtsein
des beliebig wiederholten Gedankens, Eins;
aber Sieben ist ebensowenig ein Begriff;
es sind keine Begriffe vorhanden, über die man hinausgeht.

Die Summe von 5 und 7 heißt die begrifflose Verbindung beider Zahlen,
das so begrifflos fortgesetztes Numerieren von Sieben an,
bis die Fünfe erschöpft sind,
kann man ein Zusammenfügen, ein Synthesieren,
gerade wie das Numerieren von Eins an, nennen
- ein Synthesieren, das aber gänzlich analytischer Natur ist,
indem der Zusammenhang ein ganz gemachter,
nichts darin ist noch hineinkommt, was nicht ganz äußerlich vorliegt.

Das Postulat, 5 zu 7 zu addieren, verhält sich zu dem Postulate,
überhaupt zu numerieren,
wie das Postulat, eine gerade Linie zu verlängern, zu dem,
eine gerade Linie zu ziehen.


So leer als der Ausdruck Synthesieren ist,
ist die Bestimmung, daß es a priori geschehe.

Zählen ist allerdings keine Empfindungsbestimmung, die für das a posteriori
nach der Kantischen Bestimmung von Anschauung allein übrigbleibt,
und Zählen ist wohl eine Beschäftigung auf dem Boden des abstrakten Anschauens,
d. i. welches durch die Kategorie das Eins bestimmt
und wobei von allen anderen Empfindungsbestimmungen
ebensosehr als auch von Begriffen abstrahiert ist.

Das a priori ist überhaupt etwas nur Vages;
die Gefühlsbestimmung hat als Trieb, Sinn usf.
ebensosehr das Moment der Apriorität in ihr,
als Raum und Zeit als existierend, Zeitliches und Räumliches,
a posteriori bestimmt ist.


Im Zusammenhange hiermit kann hinzugefügt werden,
daß Kants Behauptung von der synthetischen Beschaffenheit
der Grundsätze der reinen Geometrie
ebensowenig etwas Gründliches enthält.

Indem er angibt, daß mehrere wirklich analytisch seien, so ist allein der Grundsatz,
daß die gerade Linie zwischen zwei Punkten die kürzeste ist,
für jene Vorstellung angeführt.

»Mein Begriff vom Geraden enthält nichts von größe,
sondern nur eine Qualität.

Der Begriff des Kürzesten kommt also gänzlich hinzu
und kann durch keine Zergliederung
aus dem Begriffe der geraden Linie gezogen werden. ((S238))

Anschauung muss also hier zu Hilfe genommen werden,
vermittels derer allein die Synthesis möglich ist.«

- Es handelt sich aber auch hier nicht von einem Begriffe des Geraden überhaupt,
sondern von gerader Linie, und dieselbe ist bereits ein Räumliches, Angeschautes.

Die Bestimmung (oder, wenn man will, der Begriff) der geraden Linie
ist doch wohl keine andere, als daß sie die schlechthin einfache Linie ist,
d. i. in dem Außersichkommen (der sogenannten Bewegung des Punktes)
schlechthin sich auf sich bezieht,
in deren Ausdehnung keine Art von Verschiedenheit der Bestimmung,
keine Beziehung auf einen anderen Punkt oder Linie
außerhalb ihrer gesetzt ist,
- die schlechthin in sich einfache Richtung.

Diese Einfachheit ist allerdings ihre Qualität,
und wenn die gerade Linie schwer analytisch zu definieren scheinen sollte,
so wäre es nur um der Bestimmung der Einfachheit
oder Beziehung auf sich selbst willen
und bloß, weil die Reflexion beim Bestimmen zunächst vornehmlich
eine Mehrheit, ein Bestimmen durch andere, vor sich hat;
es ist aber für sich schlechthin nichts Schweres,
diese Bestimmung der Einfachheit der Ausdehnung in sich,
ihrer Bestimmungslosigkeit durch Anderes, zu fassen;
- Euklids Definition enthält nichts anderes als diese Einfachheit.

- Der Übergang nun aber dieser Qualität zur quantitativen Bestimmung (des Kürzesten),
welcher das Synthetische ausmachen sollte, ist ganz nur analytisch.

Die Linie ist als räumlich Quantität überhaupt;
das Einfachste, vom Quantum gesagt, ist das Wenigste,
und dies von einer Linie gesagt, ist das Kürzeste.

Die Geometrie kann diese Bestimmungen
als Korollarium zur Definition aufnehmen;
aber Archimedes in seinen Büchern über Kugel und Zylinder
(s. [K. Fr.] Haubers Übers. [Tübingen 1798] S. 4)
hat am zweckmäßigsten getan,
jene Bestimmung der geraden Linie als Grundsatz hinzustellen,
in ebenso richtigem Sinne, als Euklid die Bestimmung,
die Parallellinien betreffend, ((S239)) unter die Grundsätze gestellt hat,
da die Entwicklung dieser Bestimmung,
um zu einer Definition zu werden,
gleichfalls nicht der Räumlichkeit unmittelbar angehörige,
sondern abstraktere qualitative Bestimmungen,
wie vorhin Einfachheit, Gleichheit der Richtung und dergleichen,
erfordert hätte.

Diese Alten haben auch ihren Wissenschaften plastischen Charakter gegeben,
ihre Darstellung streng in der Eigentümlichkeit ihres Stoffes gehalten,
daher das ausgeschlossen, was für denselben heterogener Art gewesen wäre.


Der Begriff, den Kant in den synthetischen Urteilen a priori aufgestellt hat
- der Begriff von Unterschiedenem, das ebenso untrennbar ist,
einem Identischen, das an ihm selbst ungetrennt Unterschied ist -,
gehört zu dem großen und Unsterblichen seiner Philosophie.

Im Anschauen ist dieser Begriff,
da er der Begriff selbst und alles an sich der Begriff ist,
freilich gleichfalls vorhanden;
aber die Bestimmungen, die in jenen Beispielen herausgenommen sind,
stellen ihn nicht dar;
vielmehr ist die Zahl und das Zählen eine Identität
und Hervorbringen einer Identität, die schlechthin nur äußerlich,
nur oberflächliche Synthese ist, eine Einheit von Eins,
solchen, die vielmehr als an ihnen nicht identisch miteinander,
sondern äußerliche, für sich getrennte, gesetzt sind;
in der geraden Linie hat die Bestimmung,
die kleinste zwischen zwei Punkten zu sein,
vielmehr nur das Moment des abstrakt Identischen,
ohne Unterschied an ihm selbst, zugrunde zu liegen.



Ich kehre von dieser Unterbrechung zum Addieren selbst zurück.

Die ihm entsprechende negative Rechnungsart, das Subtrahieren,
ist das ebenso ganz analytische Trennen in Zahlen, die wie im Addieren
nur als Ungleiche überhaupt gegeneinander bestimmt sind.


2. Die nächste Bestimmung ist die Gleichheit der Zahlen,
die numeriert werden sollen.

Durch diese Gleichheit sind sie eine Einheit,
und es tritt hiermit an der Zahl der Unterschied von Einheit und Anzahl ein.

Die Multiplikation ist die Aufgabe,
eine Anzahl von Einheiten, die selbst eine ((S240)) Anzahl sind, zusammenzuzählen.

Es ist dabei gleichgültig, welche von den beiden Zahlen als Einheit
und welche als Anzahl angegeben,
ob viermal drei, wo vier die Anzahl und drei die Einheit ist,
oder umgekehrt dreimal vier gesagt wird.

- Es ist oben schon angegeben, daß das ursprüngliche Finden des Produkts
durch das einfache Numerieren, d. i. das Abzählen an den Fingern usf.
bewerkstelligt wird;
das spätere unmittelbare Angebenkönnen des Produkts
beruht auf der Sammlung jener Produkte, dem Einmaleins,
und dem Auswendigwissen desselben.


Die Division ist die negative Rechnungsart
nach derselben Bestimmung des Unterschieds.

Es ist ebenso gleichgültig, welcher von beiden Faktoren,
der Divisor oder Quotient, als Einheit oder als Anzahl bestimmt wird.

Der Divisor wird als Einheit und der Quotient als Anzahl bestimmt,
wenn die Aufgabe der Division ausgesprochen wird,
daß man sehen wolle, wie oft (Anzahl) eine Zahl (Einheit)
in einer gegebenen enthalten sei;
umgekehrt wird der Divisor als Anzahl und der Quotient als Einheit genommen,
wenn gesagt wird, man soll eine Zahl in eine gegebene Anzahl
gleicher Teile teilen und die größe solchen Teils (der Einheit) finden.


3. Die beiden Zahlen,
welche als Einheit und Anzahl gegeneinander bestimmt sind,
sind als Zahl noch unmittelbar gegeneinander und daher überhaupt ungleich.

Die weitere Gleichheit ist die der Einheit und der Anzahl selbst;
so ist der Fortgang zur Gleichheit der Bestimmungen,
die in der Bestimmung der Zahl liegen, vollendet.

Das Zählen nach dieser vollständigen Gleichheit
ist das Potenzieren (die negative Rechnungsart das Wurzelausziehen)
- und zwar zunächst das Erheben einer Zahl ins Quadrat -,
das vollkommene Bestimmtsein des Numerierens in sich selbst,
wo 1. die vielen Zahlen, die addiert werden, dieselben sind,
und 2. deren Vielheit oder Anzahl selbst dieselbe ist
mit der Zahl, die vielmal gesetzt wird, die Einheit ist.

Es sind sonst keine Bestimmungen in dem Begriffe der Zahl,
die einen Unterschied darbieten könnten;
noch kann ein weiteres Ausgleichen ((S241))
des Unterschieds, der in der Zahl liegt, stattfinden.

Erhebung in höhere Potenzen als in das Quadrat
ist eine formelle Fortsetzung,
teils - bei den geraden Exponenten - nur eine Wiederholung des Quadrierens,
teils - bei den ungeraden Potenzen - tritt wieder die Ungleichheit ein;
bei der nämlich formellen Gleichheit (z. B. zunächst beim Kubus)
des neuen Faktors mit der Anzahl sowohl als mit der Einheit
ist er als Einheit gegen die Anzahl (das Quadrat, 3 gegen 3 x 3) ein Ungleiches;
noch mehr beim Kubus von Vier, wo die Anzahl, 3,
nach der die Zahl, die die Einheit ist,
mit sich multipliziert werden soll, von dieser selbst verschieden ist.


- Es sind an sich diese Bestimmungen
als der wesentliche Unterschied des Begriffs, die Anzahl und die Einheit,
vorhanden, welche für das vollständige Insichzurückgehen
des Außersichgehens auszugleichen sind.

In dem soeben Dargestellten liegt weiter der Grund,
warum teils die Auflösung der höheren Gleichungen
in der Zurückführung auf die quadratische bestehen muss,
teils warum die Gleichungen von ungeraden Exponenten
sich nur formell bestimmen und, gerade wenn die Wurzeln rational sind,
diese sich nicht anders als durch einen imaginären Ausdruck,
d. h. der das Gegenteil dessen ist, was die Wurzeln sind und ausdrücken,
finden lassen.

- Das Quadrat der Arithmetik enthält nach dem Angegebenen
allein das Schlechthin-Bestimmtsein in sich,
weswegen die Gleichungen mit weiteren formellen Potenzen
darauf zurückgeführt werden müssen,
gerade wie das rechtwinklige Dreieck in der Geometrie
das Schlechthin-in-sich-Bestimmtsein enthält,
das im pythagoreischen Lehrsatz exponiert ist,
weswegen auch darauf für die totale Bestimmung
alle anderen geometrischen Figurationen reduziert werden müssen.


Ein nach einem logisch gebildeten Urteile fortschreitender Unterricht
handelt die Lehre von den Potenzen
vor der Lehre über die Proportionen ab;
diese schließen sich zwar an den Unterschied von Einheit und Anzahl an,
der die Bestimmung der zweiten Rechnungsart ausmacht,
aber sie ((S242)) treten aus dem Eins des unmittelbaren Quantums,
in welchem Einheit und Anzahl nur Momente sind, heraus;
die Fortbestimmung nach demselben bleibt ihm selbst auch noch äußerlich.

Die Zahl im Verhältnisse ist nicht mehr als unmittelbares Quantum;
es hat seine Bestimmtheit dann als Vermittlung;
das qualitative Verhältnis wird im Nachfolgenden betrachtet.


Von der angegebenen Fortbestimmung der Rechnungsarten kann gesagt werden,
daß sie keine Philosophie über dieselben,
keine Darlegung etwa ihrer inneren Bedeutung sei,
weil sie in der Tat nicht eine immanente Entwicklung des Begriffs ist.

Aber die Philosophie muss dies zu unterscheiden wissen,
was seiner Natur nach ein sich selbst äußerlicher Stoff ist,
daß dann an einem solchen der Fortgang des Begriffs
nur auf äußerliche Weise geschehen
und dessen Momente auch nur in der eigentümlichen Form ihrer Äußerlichkeit,
wie hier Gleichheit und Ungleichheit, sein können.

Die Unterscheidung der Sphären,
in welche eine bestimmte Form des Begriffs gehört,
d. h. als Existenz vorhanden ist,
ist ein wesentliches Erfordernis zum Philosophieren über reale Gegenstände,
um nicht das Äußerliche und Zufällige
durch Ideen in seiner Eigentümlichkeit zu stören,
wie diese Ideen durch die Unangemessenheit des Stoffes zu entstellen
und formell zu machen.

Jene Äußerlichkeit aber, in welcher die Begriffsmomente
an jenem äußerlichen Stoffe, der Zahl, erscheinen,
ist hier die angemessene Form;
indem sie den Gegenstand in seinem Verstande darstellen,
auch da sie keine spekulative Anforderung enthalten und daher leicht erscheinen,
verdienen sie in den Lehrbüchern der Elemente angewendet zu werden.



Anmerkung 2:
Gebrauch der Zahlenbestimmungen für den Ausdruck philosophischer Begriffe



Bekanntlich hat Pythagoras Vernunftverhältnisse oder Philosopheme
in Zahlen dargestellt;
auch in neueren Zeiten ist von ihnen und Formen ihrer Beziehungen
wie Potenzen usf. in der Philosophie Gebrauch gemacht worden,
um die Gedanken ((S243)) danach zu regulieren oder damit auszudrücken.

- In pädagogischer Rücksicht ist die Zahl
für den geeignetsten Gegenstand des inneren Anschauens
und die rechnende Beschäftigung mit Verhältnissen derselben
für die Tätigkeit des Geistes gehalten worden,
worin er seine eigensten Verhältnisse
und überhaupt die Grundverhältnisse des Wesens zur Anschauung bringe.

- Wiefern der Zahl dieser hohe Wert beikommen könne,
geht aus ihrem Begriffe hervor, wie er sich ergeben hat.


Die Zahl sahen wir als die absolute Bestimmtheit der Quantität
und ihr Element als den gleichgültig gewordenen Unterschied,
- die Bestimmtheit an sich, die zugleich völlig nur äußerlich gesetzt ist.

Die Arithmetik ist analytische Wissenschaft,
weil alle Verknüpfungen und Unterschiede,
die an ihrem Gegenstande vorkommen,
nicht in ihm selbst liegen, sondern ihm völlig äußerlich angetan sind.

Sie hat keinen konkreten Gegenstand,
welcher innere Verhältnisse an sich hätte,
die zunächst für das Wissen verborgen,
nicht in der unmittelbaren Vorstellung von ihm gegeben,
sondern erst durch die Bemühung des Erkennens herauszubringen wären.

Sie enthält nicht nur den Begriff
und damit die Aufgabe für das begreifende Denken nicht,
sondern ist das Gegenteil desselben.

Um der Gleichgültigkeit des Verknüpften gegen die Verknüpfung,
der die Notwendigkeit fehlt, willen
befindet sich das Denken hier in einer Tätigkeit,
die zugleich die äußerste Entäußerung seiner selbst ist,
in der gewaltsamen Tätigkeit, sich in der Gedankenlosigkeit zu bewegen
und das keiner Notwendigkeit Fähige zu verknüpfen.

Der Gegenstand ist der abstrakte Gedanke der Äußerlichkeit selbst.


Als dieser Gedanke der Äußerlichkeit
ist die Zahl zugleich die Abstraktion von der sinnlichen Mannigfaltigkeit;
sie hat von dem Sinnlichen
nichts als die abstrakte Bestimmung der Äußerlichkeit selbst behalten;
hierdurch ist dieses in ihr dem Gedanken am nächsten gebracht;
sie ist der reine Gedanke der eigenen Entäußerung des Gedankens. ((S244))


Der Geist, der sich über die sinnliche Welt erhebt und sein Wesen erkennt,
indem er ein Element für seine reine Vorstellung,
für den Ausdruck seines Wesens sucht,
kann daher, ehe er den Gedanken selbst als dies Element faßt
und für dessen Darstellung den rein geistigen Ausdruck gewinnt,
darauf verfallen,
die Zahl, diese innerliche, abstrakte Äußerlichkeit zu wählen.

Darum sehen wir in der Geschichte der Wissenschaft
früh die Zahl zum Ausdruck von Philosophemen gebraucht werden.

Sie macht die letzte Stufe der Unvollkommenheit aus,
das Allgemeine mit Sinnlichem behaftet zu fassen.

Die Alten haben das bestimmte Bewußtsein darüber gehabt,
daß die Zahl zwischen dem Sinnlichen und dem Gedanken in der Mitte stehe.

Aristoteles führt es von Platon an (Metaphysik 1, 5),
daß derselbe sage, daß außer dem Sinnlichen und den Ideen
die mathematischen Bestimmungen der Dinge dazwischenstehen,
von dem Sinnlichen dadurch unterschieden,
daß sie unsichtbar (ewig) und unbewegt seien,
von den Ideen aber, daß sie ein Vieles und ein Ähnliches seien,
die Idee aber schlechthin nur identisch mit sich und in sich Eines sei.

- Eine ausführlichere, gründlich gedachte Reflexion hierüber
von Moderatus aus Cadix
wird in Malchos’ Vita Pythagorae, ed. Ritterhus, p.30f., angeführt;
daß die Pythagoreer auf die Zahlen gefallen seien, schreibt er dem zu,
daß sie noch nicht vermocht haben,
die Grundideen und ersten Prinzipien deutlich in der Vernunft zu fassen,
weil diese Prinzipien schwer zu denken und schwer auszusprechen seien;
die Zahlen dienen zur Bezeichnung gut beim Unterricht;
sie haben darin unter anderem die Geometer nachgeahmt,
welche das Körperliche nicht in Gedanken ausdrücken können,
die Figuren gebrauchen und sagen, dies sei ein Dreieck,
wobei sie aber wollen, daß nicht die in die Augen fallende Zeichnung
für das Dreieck genommen,
sondern damit nur der Gedanke desselben vorgestellt ((S245)) sei.

So haben die Pythagoreer den Gedanken der Einheit,
der Dieselbigkeit und Gleichheit und den Grund der Übereinstimmung,
des Zusammenhangs und der Erhaltung von allem,
des mit sich selbst Identischen, als Eins ausgesprochen usf.

- Es ist überflüssig zu bemerken,
daß die Pythagoreer von dem Zahlen- auch zum Gedankenausdruck,
zu den ausdrücklichen Kategorien des Gleichen und Ungleichen,
der Grenze und der Unendlichkeit übergegangen sind;
es wird schon in Ansehung jener Zahlausdrücke
(ebenda in den Anm. zu p. 31 l. s. aus einem Leben des Pythagoras bei Photios, p.722)
angeführt, daß die Pythagoreer
zwischen der Monas und dem Eins unterschieden haben;
die Monas haben sie als den Gedanken genommen, das Eins aber als die Zahl;
ebenso die Zwei für das Arithmetische,
die Dyas (denn so soll es daselbst wohl heißen) für den Gedanken des Unbestimmten.

- Diese Alten sahen fürs erste das Ungenügende der Zahlformen
für Gedankenbestimmungen sehr richtig ein,
und ebenso richtig forderten sie ferner statt jenes ersten Notbehelfs
für Gedanken den eigentümlichen Ausdruck;
um wieviel weiter waren sie in ihrem Nachdenken gekommen als die,
welche heutigentags wieder Zahlen selbst
und Zahlbestimmungen wie Potenzen,
dann das Unendlichgroße, Unendlichkleine,
Eins dividiert durch das Unendliche und sonstige solche Bestimmungen,
die selbst auch oft ein verkehrter mathematischer Formalismus sind,
an die Stelle von Gedankenbestimmungen zu setzen
und zu jener unvermögenden Kindheit zurückzukehren
für etwas Löbliches, ja Gründliches und Tiefes halten.


Wenn vorhin der Ausdruck angeführt worden,
daß die Zahl zwischen dem Sinnlichen und dem Gedanken stehe
indem sie zugleich von jenem dies habe,
das Viele, das Außereinander an ihr zu sein,
so ist zu bemerken, daß dieses Viele selbst,
das in den Gedanken aufgenommene Sinnliche,
die ihm angehörige Kategorie des an ihm selbst Äußerlichen ist.

Die weiteren, konkreten, wahren Gedanken,
das Lebendigste, Beweglichste, nur im Beziehen Begriffene,
in dieses ((S246)) Element des Außersichseins selbst versetzt,
werden zu toten, bewegungslosen Bestimmungen.

Je reicher an Bestimmtheit und damit an Beziehung die Gedanken werden,
desto verworrener einerseits und desto willkürlicher und sinnleerer andererseits
wird ihre Darstellung in solchen Formen, als die Zahlen sind.

Das Eins, das Zwei, das Drei, das Vier, Henas oder Monas, Dyas, Trias, Tetraktys,
liegen noch den ganz einfachen abstrakten Begriffen nahe;
aber wenn Zahlen zu konkreten Verhältnissen übergehen sollen,
so ist es vergeblich, sie noch dem Begriffe nahe erhalten zu wollen.


Wenn nun aber die Denkbestimmungen durch Eins, Zwei, Drei, Vier
für die Bewegung des Begriffs,
als durch welche er allein Begriff ist, bezeichnet werden,
so ist dies das Härteste, was dem Denken zugemutet wird.

Es bewegt sich im Elemente seines Gegenteils, der Beziehungslosigkeit;
sein Geschäft ist die Arbeit der Verrücktheit.

Daß z. B. Eins Drei und Drei Eins ist, zu begreifen,
ist darum diese harte Zumutung, weil das Eins das Beziehungslose ist,
also nicht an ihm selbst die Bestimmung zeigt,
wodurch es in sein Entgegengesetztes übergeht,
sondern vielmehr dies ist,
eine solche Beziehung schlechthin auszuschließen und zu verweigern.

Umgekehrt benutzt dies der Verstand gegen die spekulative Wahrheit
(wie z. B. gegen die in der Lehre, welche die Dreieinigkeit genannt wird,
niedergelegte) und zählt die Bestimmungen derselben,
welche eine Einheit ausmachen,
um sie als klaren Widersinn aufzuzeigen,
- d. h. er selbst begeht den Widersinn,
das, was schlechthin Beziehung ist, zum Beziehungslosen zu machen.

Bei dem Namen Dreieinigkeit ist freilich nicht darauf gerechnet worden,
daß vom Verstand das Eins und die Zahl
als die wesentliche Bestimmtheit des Inhalts betrachtet werden würde.

Jener Name drückt die Verachtung gegen den Verstand aus,
der aber seine Eitelkeit, am Eins und der Zahl als solcher zu halten,
festgestellt und sie gegen die Vernunft gestellt hat.


Zahlen, geometrische Figuren,
wie dies viel vom Kreis, Dreieck usf. geschehen ist,
als bloße Symbole
(des Kreises ((247) z. B. von der Ewigkeit, des Dreiecks von der Dreieinigkeit)
zu nehmen, ist einerseits etwas Unverfängliches;
aber töricht ist es andererseits zu meinen,
daß dadurch mehr ausgedrückt sei,
als der Gedanke zu fassen und auszudrücken vermöge.

Wenn in solchen Symbolen,
wie in anderen, die von der Phantasie in den Mythologien der Völker
und in der Dichtkunst überhaupt erzeugt werden,
gegen welche die phantasielosen geometrischen Figuren
ohnehin dürftig sind,
wie auch in diesen eine tiefe Weisheit, tiefe Bedeutung liegen soll,
so ist es eben dem Denken allein darum zu tun,
die Weisheit, die nur darin liegt
und nicht nur in Symbolen, sondern in der Natur und im Geiste,
heraus zutage zu fördern;
in Symbolen ist die Wahrheit durch das sinnliche Element
noch getrübt und verhüllt;
ganz offenbar wird sie allein dem Bewußtsein in der Form des Gedankens;
die Bedeutung ist nur der Gedanke selbst.


Aber mathematische Kategorien herbeizunehmen,
um daraus für die Methode oder den Inhalt philosophischer Wissenschaft
etwas bestimmen zu wollen,
zeigt sich wesentlich dadurch als etwas Verkehrtes, daß,
insofern mathematische Formeln Gedanken und Begriffsunterschiede bedeuten,
diese ihre Bedeutung sich vielmehr zuerst in der Philosophie anzugeben,
zu bestimmen und zu rechtfertigen hat.

In ihren konkreten Wissenschaften hat diese das Logische aus der Logik,
nicht aus der Mathematik zu nehmen;
es kann nur ein Notbehelf der philosophischen Unvermögenheit sein,
zu den Gestaltungen, die das Logische in anderen Wissenschaften annimmt
und deren viele nur Ahnungen,
andere auch Verkümmerungen desselben sind,
für das Logische der Philosophie seine Zuflucht zu nehmen.

Die bloße Anwendung solcher entlehnten Formeln
ist ohnehin ein äußerliches Verhalten;
der Anwendung selbst müßte ein Bewußtsein über ihren Wert
wie über ihre Bedeutung vorangehen;
ein solches Bewußtsein aber gibt nur die denkende Betrachtung,
nicht die Autorität derselben aus der Mathematik.

Solches Bewußtsein über sie ist die Logik selbst,
und dies Bewußtsein ((S248)) streift ihre partikulare Form ab,
macht diese überflüssig und unnütz,
berichtigt sie und verschafft ihnen allein ihre Berechtigung, Sinn und Wert.


Was es mit dem Gebrauche der Zahl und des Rechnens auf sich hat,
insofern er eine pädagogische Hauptgrundlage ausmachen soll,
geht aus dem Bisherigen von selbst hervor.

Die Zahl ist ein unsinnlicher Gegenstand,
und die Beschäftigung mit ihr und ihren Verbindungen ein unsinnliches Geschäft;
der Geist wird somit dadurch zur Reflexion in sich
und einer innerlichen abstrakten Arbeit angehalten,
was eine große, jedoch einseitige Wichtigkeit hat.

Denn auf der andern Seite,
da der Zahl nur der äußerliche, gedankenlose Unterschied zugrunde liegt,
wird jenes Geschäft ein gedankenloses, mechanisches.

Die Kraftanstrengung besteht vornehmlich darin,
Begriffloses festzuhalten und begrifflos es zu verbinden.

Der Inhalt ist das leere Eins;
der gediegene Gehalt des sittlichen und geistigen Lebens
und der individuellen Gestaltungen desselben,
mit welchem als der edelsten Nahrung
die Erziehung den jugendlichen Geist großziehen soll,
sollte von dem inhaltslosen Eins verdrängt werden;
die Wirkung, wenn jene Übungen
zur Hauptsache und Hauptbeschäftigung gemacht werden,
kann keine andere sein,
als den Geist nach Form und Inhalt auszuhöhlen und abzustumpfen.

Weil das Rechnen ein so sehr äußerliches,
somit mechanisches Geschäft ist,
haben sich Maschinen verfertigen lassen,
welche die arithmetischen Operationen aufs vollkommenste vollführen.

Wenn man über die Natur des Rechnens nur diesen Umstand allein kennte,
so läge darin die Entscheidung,
was es mit dem Einfalle für eine Bewandtnis hatte,
das Rechnen zum Hauptbildungsmittel des Geistes zu machen
und ihn auf die Folter, sich zur Maschine zu vervollkommnen,
zu legen. ((S249))





B. EXTENSIVES UND INTENSIVES QUANTUM
[Verweisende Größen] \ a. Unterschied derselben



1. Das Quantum hat, wie sich vorhin ergeben,
seine Bestimmtheit als Grenze in der Anzahl.

Es ist ein in sich Diskretes,
ein Vieles, das nicht ein Sein hat,
welches verschieden wäre von seiner Grenze und sie außer ihm hätte.

Das Quantum so mit seiner Grenze, die ein Vielfaches an ihr selbst ist,
ist extensive größe.


Die extensive größe ist von der kontinuierlichen zu unterscheiden;
jener steht direkt nicht die diskrete, sondern die intensive gegenüber.

Extensive und intensive größe
sind Bestimmtheiten der quantitativen Grenze selbst,
das Quantum aber ist identisch mit seiner Grenze;
kontinuierliche und diskrete größe
sind dagegen Bestimmungen der größe an sich,
d. i. der Quantität als solcher,
insofern beim Quantum von der Grenze abstrahiert wird.

- Die extensive größe hat das Moment der Kontinuität an ihr selbst
und in ihrer Grenze,
indem ihr Vieles überhaupt Kontinuierliches ist;
die Grenze als Negation erscheint insofern an dieser Gleichheit der Vielen,
als Begrenzung der Einheit.

Die kontinuierliche größe ist die sich fortsetzende Quantität
ohne Rücksicht auf eine Grenze,
und insofern sie mit einer solchen vorgestellt wird,
ist diese eine Begrenzung überhaupt,
ohne daß die Diskretion an ihr gesetzt sei.

Das Quantum nur als kontinuierliche größe
ist noch nicht wahrhaft für sich bestimmt,
weil sie des Eins, worin das Für-sich-Bestimmtsein liegt,
und der Zahl entbehrt.

Ebenso ist die diskrete größe unmittelbar nur unterschiedenes Vieles überhaupt,
das, insofern es als solches eine Grenze haben sollte, nur eine Menge,
d. h. ein unbestimmt Begrenztes wäre;
daß es als bestimmtes Quantum sei,
dazu gehört das Zusammenfassen der Vielen in Eins,
wodurch sie mit der Grenze identisch gesetzt werden.

Jede, ((S250)) die kontinuierliche und diskrete größe, als Quantum überhaupt
hat nur eine der beiden Seiten an ihr gesetzt,
wodurch es vollkommen bestimmt und als Zahl ist.

Diese ist unmittelbar extensives Quantum,
- die einfache Bestimmtheit, die wesentlich als Anzahl,
jedoch als Anzahl einer und derselben Einheit ist;
es ist von der Zahl nur dadurch unterschieden,
daß ausdrücklich die Bestimmtheit als Vielheit in dieser gesetzt ist.


2. Die Bestimmtheit jedoch, wie groß etwas ist,
durch die Zahl bedarf nicht des Unterschieds von etwas anderem Großem,
so daß zur Bestimmtheit dieses großen
es selbst und ein anderes großes gehörte,
indem die Bestimmtheit der größe überhaupt für sich bestimmte,
gleichgültige, einfach auf sich bezogene Grenze ist;
und in der Zahl ist sie gesetzt
als eingeschlossen in das für sich seiende Eins
und hat die Äußerlichkeit, die Beziehung-auf-Anderes innerhalb ihrer selbst.

Dieses Viele der Grenze selbst ferner ist,
wie das Viele überhaupt, nicht ein in sich Ungleiches, sondern ein Kontinuierliches;
jedes der Vielen ist, was das andere ist;
es als vieles Außereinanderseiendes oder Diskretes
macht daher die Bestimmtheit als solche nicht aus.

Dies Viele fällt also für sich selbst in seine Kontinuität zusammen
und wird einfache Einheit.

- Die Anzahl ist nur Moment der Zahl, aber macht nicht
als eine Menge von numerischen Eins die Bestimmtheit der Zahl aus,
sondern diese Eins als gleichgültige, sich äußerliche,
sind im Zurückgekehrtsein der Zahl in sich aufgehoben;
die Äußerlichkeit, welche die Eins der Vielheit ausmachte,
verschwindet in dem Eins als Beziehung der Zahl auf sich selbst.


Die Grenze des Quantums,
das als Extensives seine daseiende Bestimmtheit
als die sich selbst äußerliche Anzahl hatte,
geht also in einfache Bestimmtheit über.

In dieser einfachen Bestimmung der Grenze ist es intensive größe;
und die Grenze oder Bestimmtheit, die mit dem Quantum identisch ist,
ist nun auch so als Einfaches gesetzt,
- der Grad. ((S251))
 

Der Grad ist also bestimmte größe, Quantum,
aber nicht zugleich Menge oder Mehreres innerhalb seiner selbst;
er ist nur eine Mehrheit;
die Mehrheit ist das Mehrere in die einfache Bestimmung zusammengenommen,
das Dasein in das Fürsichsein zurückgegangen.

Seine Bestimmtheit muss zwar durch eine Zahl ausgedrückt werden
als das vollkommene Bestimmtsein des Quantums,
aber ist nicht als Anzahl, sondern einfach, nur ein Grad.

Wenn von 10, 20 Graden gesprochen wird,
ist das Quantum, das so viele Grade hat, der zehnte, zwanzigste Grad,
nicht die Anzahl und Summe derselben, - so wäre es ein Extensives;
sondern es ist nur einer, der zehnte, zwanzigste Grad.

Er enthält die Bestimmtheit, welche in der Anzahl zehn, zwanzig liegt,
aber enthält sie nicht als Mehrere,
sondern ist die Zahl als aufgehobene Anzahl, als einfache Bestimmtheit.


3. In der Zahl ist das Quantum in seiner vollständigen Bestimmtheit gesetzt;
als intensives Quantum aber als in ihrem Fürsichsein
ist es gesetzt, wie es seinem Begriffe nach oder an sich ist.

Die Form nämlich der Beziehung auf sich, welche es im Grade hat,
ist zugleich das Sich-Äußerlichsein desselben.

Die Zahl ist als extensives Quantum numerische Vielheit
und hat so die Äußerlichkeit innerhalb ihrer.

Diese, als Vieles überhaupt, fällt in die Ununterschiedenheit zusammen
und hebt sich auf in dem Eins der Zahl, ihrer Beziehung auf sich selbst.

Das Quantum hat aber seine Bestimmtheit als Anzahl;
es enthält, wie vorhin gezeigt worden, sie,
ob sie gleich nicht mehr an ihm gesetzt ist.

Der Grad also, der als in sich selbst einfach
dies äußerliche Anderssein nicht mehr in ihm hat,
hat es außer ihm und bezieht sich darauf als auf seine Bestimmtheit.

Eine ihm äußerliche Vielheit
macht die Bestimmtheit der einfachen Grenze, welche er für sich ist, aus.

Daß die Anzahl,
insofern sie sich innerhalb der Zahl im extensiven Quantum befinden sollte,
sich darin aufhob,
bestimmt sich somit dahin, daß sie außerhalb derselben gesetzt ist.

Indem die Zahl als Eins,
in sich reflektierte Beziehung auf sich selbst gesetzt ist,
schließt sie die Gleichgültigkeit und ((S252)) Äußerlichkeit der Anzahl
aus sich aus
und ist Beziehung auf sich als Beziehung durch sich selbst auf ein Äußerliches.


Hierin hat das Quantum die seinem Begriffe gemäße Realität.

Die Gleichgültigkeit der Bestimmtheit macht seine Qualität aus,
d. i. die Bestimmtheit,
die an ihr selbst als die sich äußerliche Bestimmtheit ist.

- Sonach ist der Grad einfache Größenbestimmtheit
unter einer Mehrheit solcher Intensitäten,
die verschieden,
jede nur einfache Beziehung auf sich selbst,
zugleich aber in wesentlicher Beziehung aufeinander sind,
so daß jede in dieser Kontinuität mit den anderen ihre Bestimmtheit hat.

Diese Beziehung des Grades durch sich selbst auf sein Anderes
macht das Auf- und Absteigen an der Skala der Grade
zu einem stetigen Fortgang, einem Fließen,
das eine ununterbrochene, unteilbare Veränderung ist;
jedes der Mehreren, die darin unterschieden werden,
ist nicht getrennt von den anderen,
sondern hat sein Bestimmtsein nur in diesen.

Als sich auf sich beziehende Größenbestimmung
ist jeder der Grade gleichgültig gegen die anderen;
aber er ist ebensosehr an sich auf diese Äußerlichkeit bezogen,
er ist nur vermittels derselben, was er ist;
seine Beziehung auf sich ist in einem
die nicht gleichgültige Beziehung auf das Äußerliche,
hat in dieser seine Qualität.


b. Identität der extensiven und intensiven größe



Der Grad ist nicht innerhalb seiner ein sich Äußerliches.

Allein er ist nicht das unbestimmte Eins, das Prinzip der Zahl überhaupt,
das nicht Anzahl ist als nur die negative, keine Anzahl zu sein.

Die intensive größe ist zunächst ein einfaches Eins der Mehreren;
es sind mehrere Grade;
bestimmt sind sie aber nicht,
weder als einfaches Eins noch als Mehrere,
sondern nur in der Beziehung dieses Außersichseins
oder in der Identität des Eins und der Mehrheit.

Wenn also die Mehreren als solche zwar außer dem einfachen Grade sind,
so besteht in seiner Beziehung auf sie seine Bestimmtheit;
er enthält also die Anzahl.

Wie Zwanzig als ((S253)) extensive größe
die zwanzig Eins als diskrete in sich enthält,
so enthält der bestimmte Grad sie als Kontinuität,
welche diese bestimmte Mehrheit einfach ist;
er ist der zwanzigste Grad
und ist der zwanzigste Grad nur vermittels dieser Anzahl,
die als solche außer ihm ist.


Die Bestimmtheit der intensiven größe ist daher von doppelter Seite zu betrachten.

Sie ist bestimmt durch andere intensive Quanta
und ist in Kontinuität mit ihrem Anderssein,
so daß in dieser Beziehung auf dasselbe ihre Bestimmtheit besteht.

Insofern sie nun erstens die einfache Bestimmtheit ist,
ist sie bestimmt gegen andere Grade;
sie schließt dieselben aus sich aus
und hat ihre Bestimmtheit in diesem ausschließen.

Aber zweitens ist sie an ihr selbst bestimmt;
sie ist dies in der Anzahl als in ihrer Anzahl,
nicht in ihr als ausgeschlossener
oder nicht in der Anzahl anderer Grade.

Der zwanzigste Grad enthält die Zwanzig an ihm selbst;
er ist nicht nur bestimmt als unterschieden vom neunzehnten,
einundzwanzigsten usf.,
sondern seine Bestimmtheit ist seine Anzahl.

Aber insofern die Anzahl die seinige ist,
und die Bestimmtheit ist zugleich wesentlich als Anzahl,
so ist er extensives Quantum.


Extensive und intensive größe
sind also eine und dieselbe Bestimmtheit des Quantums;
sie sind nur dadurch unterschieden,
daß die eine die Anzahl als innerhalb ihrer,
die andere dasselbe, die Anzahl als außer ihr hat.

Die extensive größe geht in intensive größe über,
weil ihr Vieles an und für sich in die Einheit zusammenfällt,
außer welcher das Viele tritt.

Aber umgekehrt hat dieses Einfache seine Bestimmtheit nur an der Anzahl
und zwar als seiner;
als gleichgültig gegen die anders bestimmten Intensitäten
hat es die Äußerlichkeit der Anzahl an ihm selbst;
so ist die intensive größe ebenso wesentlich extensive größe.


Mit dieser Identität tritt das qualitative Etwas ein;
denn sie ist sich durch die Negation ihrer Unterschiede
auf sich ((S254)) beziehende Einheit;
diese Unterschiede aber machen die daseiende Größenbestimmtheit aus;
diese negative Identität ist also Etwas,
und zwar das gegen seine quantitative Bestimmtheit gleichgültig ist.

Etwas ist ein Quantum;
aber nun ist das qualitative Dasein, wie es an sich ist,
als gleichgültig dagegen gesetzt.

Es konnte vom Quantum, der Zahl als solcher usf.
ohne ein Etwas, das deren Substrat wäre, gesprochen werden.

Aber nun tritt Etwas diesen seinen Bestimmungen,
durch deren Negation mit sich vermittelt, als für sich daseiend gegenüber
und, indem es ein Quantum hat,
als dasselbe, welches ein extensives und intensives Quantum habe.

Seine eine Bestimmtheit, die es als Quantum hat,
ist in den unterschiedenen Momenten der Einheit und Anzahl gesetzt;
sie ist nicht nur an sich eine und dieselbe,
sondern ihr Setzen in diesen Unterschieden,
als extensives und intensives Quantum,
ist das Zurückgehen in diese Einheit,
die als negative das gegen sie gleichgültig gesetzte Etwas ist.



Anmerkung 1:
Beispiele der Identität der extensiven und intensiven größe


In der gewöhnlichen Vorstellung pflegen extensives und intensives Quantum
so als Arten von Größen unterschieden zu werden,
als ob es Gegenstände gäbe, die nur intensive,
andere, die nur extensive größe hätten.

Ferner ist die Vorstellung einer philosophischen Naturwissenschaft hinzugekommen,
welche das Mehrere, das Extensive,
z. B. in der Grundbestimmung der Materie, einen Raum zu erfüllen,
sowie in anderen Begriffen
in ein Intensives verwandelte, in dem Sinne,
daß das Intensive als das Dynamische die wahrhafte Bestimmung sei
und z. B. die Dichtigkeit oder spezifische Raumerfüllung
wesentlich nicht als eine gewisse Menge
und Anzahl materieller Teile in einem Quantum Raum,
sondern als ein gewisser Grad der raumerfüllenden Kraft der Materie
gefaßt werden müsse.
 

Es sind hierbei zweierlei Bestimmungen zu unterscheiden.

Bei dem, was man die Umwandlung
der mechanischen Betrachtungsweise in die dynamische genannt hat,
kommt der ((S255)) Begriff
von außereinander bestehenden selbständigen Teilen,
die nur äußerlich in ein Ganzes verbunden sind,
und der davon verschiedene Begriff von Kraft vor.

Was in der Raumerfüllung
einerseits nur als eine Menge einander äußerlicher Atome angesehen wird,
wird andererseits als die Äußerung
einer zugrunde liegenden einfachen Kraft betrachtet.

- Diese Verhältnisse von Ganzem und Teilen, der Kraft und ihrer Äußerung,
die hier einander gegenübertreten,
gehören aber noch nicht hierher, sondern werden weiterhin betrachtet werden.

Soviel läßt sich sogleich erinnern,
daß das Verhältnis von Kraft und ihrer Äußerung,
    das dem Intensiven entspricht,
zwar zunächst das wahrhaftere ist
gegen das Verhältnis von Ganzem und Teilen;
aber daß darum die Kraft nicht weniger einseitig
als das Intensive und die Äußerung,
die Äußerlichkeit des Extensiven ebenso untrennbar von der Kraft ist,
so daß ein und derselbe Inhalt ebensosehr in beiden Formen,
des Intensiven und Extensiven, vorhanden ist.


Die andere Bestimmtheit, die dabei vorkommt, ist die quantitative als solche,
die als extensives Quantum aufgehoben
und in den Grad, als die wahrhaft sein sollende Bestimmung,
verwandelt wird;
es ist aber gezeigt worden, daß dieser ebenso die erstere enthält,
so daß die eine Form für die andere wesentlich ist,
somit jedes Dasein seine Größenbestimmung
ebensosehr als extensives wie als intensives Quantum darstellt.


Als Beispiel hiervon dient daher alles,
insofern es in einer Größenbestimmung erscheint.

Selbst die Zahl hat diese gedoppelte Form notwendig unmittelbar an ihr.

Sie ist eine Anzahl, insofern ist sie extensive größe;
aber sie ist auch Eins, ein Zehn, ein Hundert;
insofern steht sie auf dem Übergange zur intensiven größe,
indem in dieser Einheit das Vielfache in Einfaches zusammengeht.

Eins ist extensive größe an sich,
es kann als eine beliebige Anzahl von Teilen vorgestellt werden.

So das Zehnte, das Hundertste ist dies Einfache, Intensive,
das seine Bestimmtheit an dem außer ((S256)) ihm fallenden Mehreren,
d. i. am Extensiven hat.

Die Zahl ist Zehn, Hundert und zugleich die Zehnte, Hundertste im Zahlensystem;
beides ist dieselbe Bestimmtheit.


Das Eins im Kreise heißt Grad, weil der Teil des Kreises
wesentlich seine Bestimmtheit in dem Mehreren außer ihm hat,
als eines nur einer geschlossenen Anzahl solcher Eins bestimmt ist.

Der Grad des Kreises ist als bloße Raumgröße nur eine gewöhnliche Zahl;
als Grad angesehen ist er die intensive größe,
die einen Sinn nur hat als bestimmt durch die Anzahl von Graden,
in die der Kreis geteilt ist,
wie die Zahl überhaupt ihren Sinn nur hat in der Zahlenreihe.


Die größe eines konkreteren Gegenstandes stellt ihre gedoppelte Seite,
extensiv und intensiv zu sein,
an den gedoppelten Bestimmungen seines Daseins dar,
in deren einer er als ein Äußerliches,
in der anderen aber als ein Innerliches erscheint.

So ist z. B. eine Masse als Gewicht ein extensiv großes,
insofern sie eine Anzahl von Pfunden, Zentnern usf. ausmacht,
ein intensiv großes, insofern sie einen gewissen Druck ausübt;
die größe des Drucks ist ein Einfaches, ein Grad,
der seine Bestimmtheit an einer Skala von Graden des Druckes hat.

Als drückend erscheint die Masse als ein Insichsein,
als Subjekt, dem der intensive Größenunterschied zukommt.

- Umgekehrt, was diesen Grad des Drucks ausübt, ist vermögend,
eine gewisse Anzahl von Pfunden usf. von der Stelle zu bewegen,
und mißt seine größe hieran.


Oder die Wärme hat einen Grad;
der Wärmegrad, er sei der 1o., 2o. usf. ist eine einfache Empfindung,
ein Subjektives.

Aber dieser Grad ist ebensosehr vorhanden als extensive größe,
als die Ausdehnung einer Flüssigkeit, des Quecksilbers im Thermometer,
der Luft oder des Tons usf.

Ein höherer Grad der Temperatur drückt sich aus als eine längere Quecksilbersäule
oder als ein schmälerer Tonzylinder;
er erwärmt einen größeren Raum auf dieselbe Weise
als ein geringerer Grad nur den kleineren Raum.


Der höhere Ton ist als der intensivere zugleich eine größere Menge von Schwingungen;
oder ein lauterer Ton, dem ein ((S257)) höherer Grad zugeschrieben wird,
macht sich in einem größeren Raume hörbar.

- Mit der intensiveren Farbe läßt sich eine größere Fläche
als mit einer schwächeren auf gleiche Weise färben;
oder das Hellere, eine andere Art von Intensität,
ist weiter sichtbar als das weniger Helle usf.


Ebenso im Geistigen ist die hohe Intensität des Charakters, Talents, Genies
von ebenso weitgreifendem Dasein,
ausgedehnter Wirkung und vielseitiger Berührung.

Der tiefste Begriff hat die allgemeinste Bedeutung und Anwendung.


Anmerkung 2:
Kants Anwendung der Gradbestimmung auf das Sein der Seele



Kant hat einen eigentümlichen Gebrauch
von der Anwendung der Bestimmtheit des intensiven Quantums
auf eine metaphysische Bestimmung der Seele gemacht.

In der Kritik der metaphysischen Sätze von der Seele,
die er Paralogismen der reinen Vernunft nennt,
kommt er auf die Betrachtung des Schlusses
von der Einfachheit der Seele auf die Beharrlichkeit derselben.

Er setzt diesem Schlusse entgegen (Kritik der reinen Vernunft, [B] S. 414),
»daß, wenn wir gleich der Seele diese einfache Natur einräumen,
da sie nämlich kein Mannigfaltiges außereinander,
mithin keine extensive größe enthält,
man ihr doch sowenig wie irgend einem Existierenden intensive größe,
d. i. einen Grad der Realität in Ansehung aller ihrer Vermögen,
ja überhaupt alles dessen, was das Dasein ausmacht, ableugnen könne,
welcher durch alle unendlich vielen kleineren Grade abnehmen
und so die vorgebliche Substanz..,
obgleich nicht durch Zerteilung,
doch durch allmähliche Nachlassung (remissio) ihrer Kräfte. . .,
in nichts verwandelt werden könne.

Denn selbst das Bewußtsein hat jederzeit einen Grad,
der immer noch vermindert werden kann,
folglich auch das Vermögen, sich seiner bewußt zu sein,
und so alle übrigen Vermögen.«

- Die Seele wird in der rationellen Psychologie,
wie diese abstrakte Metaphysik war,
nicht als Geist,
sondern als ein nur unmittelbar Seiendes, als Seelending betrachtet.

So hat Kant das Recht, die Kategorie des Quantums
»wie auf ((S258)) irgendein Existierendes« und,
insofern dies Seiende als einfach bestimmt ist,
die des intensiven Quantums auf dasselbe anzuwenden.

Dem Geiste kommt allerdings Sein zu,
aber von ganz anderer Intensität, als die des intensiven Quantums ist,
vielmehr einer solchen Intensität,
in welcher die Form des nur unmittelbaren Seins
und alle Kategorien desselben als aufgehoben sind.

Es war nicht nur
die Entfernung der Kategorie des extensiven Quantums zuzugeben,
sondern die des Quantums überhaupt zu entfernen.

Ein Weiteres aber ist noch, zu erkennen, wie in der ewigen Natur des Geistes
Dasein, Bewußtsein, Endlichkeit ist und daraus hervorgeht,
ohne daß er dadurch ein Ding würde.





c. Die Veränderung des Quantums
[Hinaustreibende Größen]



Der Unterschied des extensiven und intensiven Quantums
ist der Bestimmtheit des Quantums als solcher gleichgültig.

Aber überhaupt ist das Quantum die als aufgehoben gesetzte Bestimmtheit,
die gleichgültige Grenze,
die Bestimmtheit, welche ebensosehr die Negation ihrer selbst ist.

In der extensiven größe ist dieser Unterschied entwickelt,
aber die intensive größe
ist das Dasein dieser Äußerlichkeit, die das Quantum in sich ist.

Er ist als sein Widerspruch in sich selbst gesetzt,
die einfache sich auf sich beziehende Bestimmtheit zu sein,
welche die Negation ihrer selbst ist,
ihre Bestimmtheit nicht an ihr, sondern in einem anderen Quantum zu haben.


Ein Quantum ist also seiner Qualität nach
in absoluter Kontinuität mit seiner Äußerlichkeit,
mit seinem Anderssein gesetzt.

Es kann daher nicht nur über jede Größenbestimmtheit hinausgegangen,
sie kann nicht nur verändert werden,
sondern es ist dies gesetzt, daß sie sich verändern muss.

Die Größenbestimmung kontinuiert sich so in ihr Anderssein,
daß sie ihr Sein nur in dieser Kontinuität mit einem Anderen hat;
sie ist nicht eine seiende, sondern eine werdende Grenze.


Das Eins ist unendlich
oder die sich auf sich beziehende ((S259)) Negation,
daher die Repulsion seiner von sich selbst.

Das Quantum ist gleichfalls unendlich,
gesetzt als die sich auf sich beziehende Negativität;
es repelliert sich von sich selbst.

Aber es ist ein bestimmtes Eins,
das Eins, welches in Dasein und in die Grenze übergegangen ist,
also die Repulsion der Bestimmtheit von sich selbst,
nicht das Erzeugen des sich selbst Gleichen wie die Repulsion des Eins,
sondern seines Andersseins;
es ist nun an ihm selbst gesetzt,
[sich] über sich hinauszuschicken und ein Anderes zu werden.

Es besteht darin, sich zu vermehren oder zu vermindern;
es ist die Äußerlichkeit der Bestimmtheit an ihm selbst.


Das Quantum schickt sich also selbst über sich hinaus;
dies Andere, zu dem es wird, ist zunächst selbst ein Quantum;
aber ebenso als eine nicht seiende,
sondern sich über sich selbst hinaustreibende Grenze.

Die in diesem Hinausgehen wieder entstandene Grenze
ist also schlechthin nur eine solche,
die sich wieder aufhebt und zu einer ferneren schickt, und so fort ins Unendliche